BENEDIKTINERINNENABTEI ST. HILDEGARD

Liebe Freundinnen und Freunde unserer Abtei!

Anlass dieses Newsletters sind die Feierlichkeiten zum 10jährigen Jubiläum der Erhebung Hildegards zur Kirchenlehrerin am 7. Oktober 2012 durch Papst Benedikt XVI. Sie sind für uns ein Grund zum Feiern und eine Gelegenheit darauf zu blicken, wo Hildegard für uns präsent ist.

2012 war ein Jahr der Feierlichkeiten:

  • Am 10. Mai wurde Hildegard durch Papst Benedikt XVI. offiziell heiliggesprochen. 
  • Am 7. Oktober wurde sie zur Kirchenlehrerin erhoben, nach Teresa von Avila, Katharina von Siena und Therese von Lisieux die vierte Kirchenlehrerin der katholischen Kirche.

Vor 10 Jahren trafen wir viele von Euch und Ihnen bei den Feierlichkeiten in Rom oder hier in Eibingen. Den Jahrestag am 7. Oktober feiern wir wieder an beiden Orten, herzlich willkommen!
- mit einer gemeinsamen Messe der Pfarreien Heilig Kreuz Rheingau, Bingen und Bingerbrück am 7. Oktober 2022 um 17:00 Uhr in der Hildegard-Gedächtniskirche in Bingerbrück (Link) und einer Meditativen Klanglesung ab 18:00 Uhr im Rupertsberger Gewölbe in Bingerbrück (Veranstaltung der Rupertsberger Hildegard-Gesellschaft Bingen e.V.: Link)
- sowie einer festlichen Veranstaltung der St. Hildegard-Akademie zusammen mit dem Freundeskreis des Deutschen Historischen Instituts am 7. Oktober 2022 in Rom im Päpstlichen Institut S. Maria dell'Anima. Das
Programm gibt es auf der Seite der St. Hildegard-Akademie: Link

Hier in Eibingen möchten wir noch etwas weiter feiern und wie könnten wir das besser als mit Musik: am 22. Oktober 2022, 18:15 Uhr findet in der Abteikirche ein Konzert mit Musik der heiligen Hildegard statt. Herzlich Willkommen! Informationen dazu gibt es hier 

10 Jahre Kirchenlehrerin. Was ist in den Jahren geschehen, wo sind Spuren ihres Wirkens zu entdecken? 

Dynamik in Kirche und Gesellschaft

Die Lebenszeit Hildegards war eine dynamische Zeit voller Herausforderungen und Wandel (Literatur dazu: Link). Hildegard selbst beobachtete das Geschehen nicht passiv sondern brachte sich aktiv ein. Das ist ein wichtiger Teil ihrer Botschaft für uns heute. Wir haben unsere Mitschwester, die sich selbst im Entwicklungsprozess des synodalen Weges und im Austausch mit anderen (Ordens-)Frauen engagiert, dazu befragt.

Sr. Philippa berichtet:
Nicht erst seit der Heiligsprechung und Erhebung zur Kirchenlehrerin 2012 ist Hildegard für sehr viele Frauen in der Kirche eine prophetische Hoffnungsgestalt. Landauf, landab, wo immer ich mit dem Thema Geschlechtergerechtigkeit in der Kirche unterwegs bin, wird sie als kämpferische, starke, selbstbestimmte und emanzipierte Frau wahrgenommen, die in der „Männerwelt“ der Kirche nicht nur gehört, sondern in hohem Maße geachtet und beachtet wird. Sie verkündete (und verkündet) den Glauben in glaubensloser Zeit und ruft zu allen Zeiten zu einem authentisch und überzeugend gelebten Christentum auf. Ihre Bußpredigten (vor allem die an den Klerus von Köln) und Mahnbriefe (z.B. der an Kaiser Friedrich Barbarossa) werden dabei als besonders ermutigend und höchstaktuell wahrgenommen. Auch wenn für Hildegard das Diakoninnen- und Priesterinnenamt, für das sich heute so viele einsetzen, noch außerhalb ihrer Vorstellungswelt war, so wird doch ihr Sein und Wirken als ausgesprochen anspornend empfunden. Sie schöpfte alle Möglichkeiten, die sich ihr aus ihrem Amt und ihrer Reputation boten, klug und weitsichtig aus. Sie war Gründerin und Äbtissin zweier Klöster und setzte ihre Vision auch gegen den Widerstand der Mönche vom Disibodenberg um. Und sie tat noch mehr: sie weitete auch ihre pastoralen Möglichkeiten Stück für Stück aus: Sie schrieb ein umfangreiches theologisches Werk, predigte öffentlich, führte neue Formen in der Liturgie ein, heilte Kranke, war eine gesuchte Ratgeberin und nahm auch die Laienbeichte ab, die heute im Rahmen des Synodalen Weges wieder ganz neu entdeckt wird. Kurzum: Hildegards Wirksamkeit ist heute wahrscheinlich weitaus größer und einflussreicher als sie es je war.

Kunst und Verstehen

Im Jahr 2012 fand eine Ausstellung zu Hildegards zweitem großen Visionswerk, dem Liber Vitae Meritorum (Buch der Lebensverdienste) statt. Im Unterschied zu ihren beiden anderen großen Visionswerken, ist dieses Buch ohne Miniaturen überliefert. Im Rahmen der Ausstellung "Virtus et Vitium", kuratiert von Bettina Gies und Tanja Labs, sollten nun moderne Bilder zu dem theologischen Werk Hildegards. Fünf Künstler:innen wurden gebeten, die verschiedenen Aspekte des Werkes in ihrer jeweils eigenen Arbeitsweise zu verbildlichen. Sr. Christophora aus unserer Abtei fiel die Aufgabe zu, den "Vir", den "Mann Gottes", "Gott" oder "Kraft Gottes", wie Hildegard ihn auch nennt, darzustellen.

Im Rahmen dieser künstlerischen Auseinandersetzung mit Hildegards Werk machte Sr. Christophora die Erfahrung, dass die eigene bildliche Umsetzung von Hildegards sprachlichen Bildern und Visionen ihr den Weg zum Verständnis der Texte öffnete. Die Botschaft erschloss sich ihr, während sie damit arbeitete. Hildegards Werk fordert zum Verständnis den Leser mit seinem ganzen Wesen.  

Die Statuen der Ausstellung sind auf unserer Skulpturenwiese zu sehen. Die fünf bzw. sechs überlebensgroßen Säulen lassen den "Vir" bildlich erstehen und konkretisieren Hildegards Bildwelt. Die Betrachter:innen sind eingeladen, zu schauen und zu fühlen (ja, diese Kunst darf man anfassen!)

Die Statuen selbst können hier nicht alle präsentiert werden, daher lassen Sie uns die Einladung wiederholen: Herzlich Willkommen bei uns, auf der Skulpturenwiese bei den Säulen des Vir!
Einen Vorgeschmack bietet die Erklärung der Säulen in diesem pdf.

Ein reiches Erbe in vielschichtiger Ausfaltung

Für uns in der Abtei ist die Botschaft Hildegards nicht erst seit ihrer Erhebung zur Kirchenlehrerin ein inspirierendes Erbe. Seit Gründung der Abtei haben sich Schwestern mit unterschiedlichsten Aspekten ihres Werkes beschäftigt und ihre Botschaft auf vielfältige Weise gelebt und verbreitet.

Vollständige Werkausgabe

Ein großes Projekt war die vollständige Werkausgabe in deutscher (Neu-)Übersetzung. Inzwischen vollendet, liegt nun das gesamte Werk Hildegards in deutscher Übersetzung, mit Einleitung und Hinführung vor: Link 

Vielfältige Rezeption - Hildegard-Musik

Ein wichtiger Teil ihres Werkes ist für uns der Gesang. Hildegards Kompositionen haben wunderschöne - und nicht leicht zu singende - Melodien mit faszinierenden Texten. Die Gesänge sind in der vollständigen Werkausgabe enthalten und die Schola der Abtei hat auch CDs mit Hildegard-Gesängen aufgenommen. (Link)

Sr. Lydia bietet für alle Interessierten unterschiedliche Formate, sich mit den Gesängen Hildegards zu beschäftigen:

Die Liebe überflutet alles – Caritas abundat in omnia

Seit 13 Jahren finden in der Abtei Kurse zur Musik der hl. Hildegard statt. Neben dem alljährlich neu ausgeschrieben Anfängerkurs gibt es einige Fortgeschrittenenkurse, deren Gruppe fest stehen. Freude an der Musik und am Singen sind Voraussetzung für die Teilnahme. Text und Melodie werden erarbeitet. Dabei erfahren die Teilnehmer:innen, dass hier Hildegards Theologie in wenigen Versen zu finden ist und welche Bedeutung sie für uns persönlich heute haben kann.

Der nächste Kurs findet übrigens im Februar statt: Link

Hildegard-Meditation, Hildegard-Gesprächskreis

Seit vielen Jahren bietet Sr. Hiltrud Hildegard-Mediationen, Gesprächskreise und Vorträge zu einzelnen Visionen und Teilen von Hildegards Werk an. Wir haben sie nach ihren Erfahrungen gefragt:

Bei den Menschen ist Hildegard nach wie vor gefragt. Stets kommen Gruppen zur Abtei St. Hildegard im Rahmen des Tourismus, aber auch wegen Hildegard.

Viele Anfragen per Mail und Telefon zeigen, dass Menschen nach Heilung in Krankheit und nach Antworten in der Zeitsituation suchen. 

Die wöchentliche Hildegard-Meditation am Schrein der hl. Hildegard wird gern wahrgenommen von unseren Hausgästen und einigen Personen aus dem Rheingau. Mit Texten der hl. Hildegard, ihrer Musik lassen sich die Teilnehmer in ihrer Existenz berühren und aufbauen.

 Der Hildegard-Gesprächskreis am Ende des Monats in dem Gästehaus der Abtei St. Hildegard ist eine feste offene kulturelle Veranstaltung. An Hand von Texten aus den Schriften der Kirchenlehrerin werden die Teilnehmer mit der aktuellen Botschaft Hildegards konfrontiert und im Gespräch erläutert.

Einladung zu Vorträgen, wie z.B. auf der Hildegardwoche in Bad Kreuznach weisen auf die Nachfrage der Kirchenlehrerin und Prophetin hin. Kontakte mit dem Hildegard-Gesprächskreis in Bingen, mit der Rupertsberger Gesellschaft, in Vorträgen sind ein Beweis, dass das Thema „Hildegard von Bingen als Kirchenlehrerin“ aktuell ist.

St. Hildegard-Akademie Eibingen e.V.

Das wohl wichtigste Ereignis in den zehn Jahren seit der Erhebung Hildegards zur Kirchenlehrerin ist die Gründung der St. Hildegard-Akademie, die am 12. Oktober 2018 erfolgte und am 10. Mai 2019 der Öffentlichkeit feierlich vorgestellt wurde. Diese Vision, eine wissenschaftliche Einrichtung zur hl. Hildegard in der Abtei zu gründen, gab es schon länger, aber sieben (Zahl der Fülle!) Jahre nach der offiziellen Heiligsprechung wurde sie auf die Initiative der Hildegard-Expertin unserer Abtei, Sr. Dr. Maura Zátonyi OSB, Wirklichkeit: "St. Hildegard-Akademie Eibingen e.V. Zentrum für Wissenschaft, Forschung und europäische Spiritualität". Ein Ziel ist die Koordination der weltweiten Forschung über Hildegard, wobei auch die Vermittlung ihrer Botschaft in unserer Zeit ein wesentliches Anliegen ist.  Wissenschaftliche Forschung, Bildungsarbeit und die europäische Dimension sind die drei Säulen der Akademie.

Alle drei Ziele hat die Akademie in den drei Jahren seit ihrer Gründung auch schon verfolgt. Zwei Projekte seien beispielhaft genannt:

1.Eine Digitale wissenschaftliche Gesamtbibliographie mit den Werken Hildegards und Studien über sie. Das Ziel, die weltweite Forschung zu koordinieren und zu vernetzen, braucht eine Basis. Ein grundlegendes Fundament dafür ist eine Übersicht über die vorhandene Literatur. Dieses große Projekt ist nun verwirklicht und eine Bibliographie der Werke von und über Hildegard ist digital verfügbar, weltweit zugänglich.

Wissenschaft braucht Unterstützung, daher sei an dieser Stelle mit besonderem Dank gesagt, dass dieses Projekt nur möglich war dank der sehr großzügigen Unterstützung des Freundeskreises der Abtei St. Hildegard! Freundeskreis und Klosterstiftung haben die Arbeit der Akademie von Beginn an unterstützt. Hildegards Wirken fand Verbreitung in Netzwerken, vor 900 Jahren und auch heute.

2. Das große Hildegard von Bingen Lesebuch. Worte wie von Feuerzungen, erschienen im Herder Verlag.
Publikationen der Akademie gibt es schon mehrere. Diese sei herausgegriffen als Beispiel für eine gelungene Übersetzung der Themen, die Hildegard zur Kirchenlehrerin des 20. Jahrhunderts machen. Sie hat vor der Zerstörung der Umwelt gewarnt, Missbrauch angesprochen, über die Herausforderungen eines Gemeinschaftslebens ebenso geschrieben wie über Work-Life-Balance. Und sie hat eine brilliante Lobbyarbeit betrieben. Leicht zu verstehen sind ihre Werke jedoch nicht.  Um die Verstehensschwierigkeiten zu überwinden und den spirituellen Schatz entdecken zu können, hat Sr. Maura das Hildegard von Bingen-Lesebuch herausgegeben, das die großen Themen ihres Werkes präsentiert: ausgewählten Original-Texten – Hildegard in O-Ton - hat Sr. Maura jeweils eine Erklärung vorangestellt, die wie ein Lektüre-Schlüssel zum Text hinführen. Vermittlung der Botschaft.
Das Buch gibt es für Interessierte natürlich auch bei uns zu erwerben.

Die verschiedenen Veranstaltungen, Aktivitäten und Angebote der Akademie sind stets aktuell auf ihrer Homepage zu finden: https://www.hildegard-akademie.de.

Zum Ausklang des Newsletters und zur Einstimmung auf das Hildegard-Jubiläum möchten wir auf das gerade erschienene Interview mit Sr. Dr. Maura Zátonyi hinweisen: Von Hildegards Mut zur Schwachheit (bistumlimburg.de)

Es grüßen Sie und Euch alle und wünschen gesegnete Tage

Ihre / Eure Schwestern der Abtei St. Hildegard



Impressum: Vereinigung der Benediktinerinnen zu St. Hildegard e.V. Abtei St. Hildegard 1, D – 65385 Rüdesheim am Rhein Tel.: 0049/(0)6722/499-0; Fax: 0049/(0)6722/499-178 E-Mail: benediktinerinnen@abtei-st-hildegard.de vertreten durch: Äbtissin Dorothea Jutta Flandera OSB registriert bei: AG Wiesbaden: VR 5353
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