“Scivias”-Kodex: Tafel 20: Erloschene Sterne

Im Lichtkreis Gottes leuchtet auch die Engelwelt auf, die in der Miniatur im Bild der Sterne angedeutet werden. In dieser Miniatur geht es um den Engelsturz, den gefallenen Engel Luzifer mit seinem Anhang, „die im heißgeliebten göttlichen Gut erschaffen waren.“
Hildegard sah, „wie aus dem Geheimnis des Thronenden ein großer Stern von starkem Glanz und leuchtender Schönheit hervorgeht und mit ihm eine große Menge hellstrahlender Funken, die mit diesem Stern zusammen nach Süden ziehen.“ Der große Stern ist Luzifer mit seiner Heerschar. Der Engel Luzifer, der jetzt Satan ist, war „bei seiner Erschaffung mit großer Herrlichkeit geschmückt, mit viel Ruhm und Schönheit angetan“. Er hat die Ehre, die er Gott seinem Schöpfer schuldete, auf sich selbst zurückgebogen. Er glaubte im Vertrauen auf sich selbst beginnen und vollenden zu können, was er wollte. Somit hat er sich quer gestellt, als er im Stolz den verachtete, der im Himmel herrscht. Er wollte Gott nicht anschauen, sondern suchte sich über ihn zu erheben wie über einen Fremden. Doch sofort beim Abwenden ihres Blickes erloschen alle und wurden kohlrabenschwarz. Luzifer hatte in sich selbst die innere Schönheit zerstört. Ein Wirbelwind trieb sie vom Süden zum Norden hinter den Thronenden in den Abgrund.
Die Miniatur zeigt das Abgetriebenwerden Luzifers und seines Anhangs durch alle kosmischen Regionen hindurch ins schwarze Chaos der Gottesferne und Gott-Vergessenheit.
Der Teufel gibt dem Menschen, der Asche ist, die Sünde ein. Durch seine Einflüsterung befleckt er den Tempel im Bauwerk Gottes, den Menschen.
Der Glanz, der den gestürzten Engeln genommen wurde, kehrte sofort bei ihrem Erlöschen zu dem Thronenden zurück. Er wurde für ein anderes geschaffenes Licht aufbewahrt, für den Menschen.
Der Abfall Luzifers und seiner Engelschar führte zur Erschaffung und Berufung des Menschen zur Anbetung und Hingabe an Gott.
Sr. Hiltrud Gutjahr OSB