Benediktinerin werden

Fragen Sie sich, ob unser Leben auch für Sie das richtige sein könnte? Dann laden wir Sie ein, sich noch weitere Fragen zu stellen…

 

Können Sie sich vorstellen, in einem festen Rhythmus zu leben?

Unser Tagesablauf wird durch unsere Gottesdienstzeiten strukturiert: Fünfmal am Tag kommen wir in unserer Klosterkirche zum gemeinsamen Gebet zusammen. Dazwischen gibt es Zeiträume für persönliches Gebet und geistliche Lesung (Lectio divina), für die Arbeit, für das Gemeinschaftsleben und zur Erholung. Während des Noviziats arbeiten wir nur vormittags in den klösterlichen Arbeitsbereichen mit. Der Nachmittag steht zur Verfügung, um sich gemeinsam oder persönlich mit biblischen, geistlichen oder monastischen Themen zu beschäftigen, z.B. mit der Benediktsregel, den Psalmen und dem gregorianischen Choral. Der feste Tages- und Wochenrhythmus, der auch Zeiten des Schweigens und des Alleinseins mit sich selbst und mit Gott einschließt, kann helfen, feinfühliger für die leisen Anrufe Gottes zu werden, von denen wir glauben, dass sie uns gerade im ganz unscheinbaren Alltag begegnen.

Fragen Sie sich, wie 35 Frauen zwischen Mitte 30 und Mitte 90 «Gemeinschaft» gestalten?

Als Benediktinerinnen haben wir uns bewusst zu einem Leben in Gemeinschaft entschieden und sind weder Einsiedlerinnen noch Einzelkämpferinnen. Gemeinsame Mahlzeiten, Feste feiern, Konflikte klären, Entscheidungsprozesse gestalten, Anekdoten aus der Klostergeschichte erzählen, Zukunftsfragen erörtern, sich austauschen über aktuelle Geschehnisse in Kirche und Welt – klösterliche Gemeinschaft entsteht und wächst auf vielfältige Weise und will gepflegt sein. Wir leben in Gütergemeinschaft und üben immer wieder neu die Verständigung der Generationen, Charaktere und Temperamente. Mindestens etwas unterscheidet uns aber von einer großen Wohngemeinschaft: Jede hat auf dem Weg ihrer ganz eigenen, persönlichen Gottsuche hierher gefunden. Wir sind Suchende – als Einzelne und in Gemeinschaft.

Sehnen Sie sich danach, aus dem Gottesdienst zu leben?

Für uns Benediktinerinnen steht der Gottesdienst im Zentrum unseres Alltags – in beiden Bedeutungsrichtungen des Wortes: als unser Dienst an Gott, den wir in der gemeinsamen Liturgie und im christlich gelebten Alltag zu verwirklichen versuchen, aber auch als Gottes Dienst an uns – als seine Zuwendung, die uns in den Alltäglichkeiten des Lebens begegnet und uns zum gelingenden Leben und zum Einsatz für Andere ermutigen will. Im Chorgebet tragen wir uns selbst mit allen Sorgen, Freuden und Fragen vor Gott, wir „bestürmen den Himmel“ für Frieden und Versöhnung in dieser Welt. Und auch unsere Arbeit und Freizeit verstehen wir als geistliche Aufgaben, die für uns nicht zu trennen sind vom (gemeinsamen oder privaten) Gebet und von der Auseinandersetzung mit der Bibel.

Wissen Sie, in welcher Gebetsform Sie sich heimisch fühlen?

Jede von uns Schwestern hat ihre eigene Glaubensprägung und -praxis, die ihr besonders am Herzen liegen, aber vieles haben wir auch gemeinsam. Wir pflegen die monastische Tradition der Stundenliturgie mit ihrem Wechselgesang von Psalmen und den jahrhundertealten gregorianischen Choral. Gleichzeitig ist es für uns eine bleibende Frage, wie unsere Gottesdienste so gestaltet werden können, dass Menschen von heute – wir und unsere Besucher*innen – darin eine geistliche Heimat und Anregungen für ihr Leben finden können. So suchen wir immer wieder Vermittlungswege zwischen Alt und Neu, zwischen lateinischer und deutscher Gebetssprache, zwischen einer Fülle an Impulsen und einer Konzentration auf das Wesentliche, zwischen traditionsreichen Texten und zeitgenössischen Formulierungen. Liturgie ist eine stabile Begleiterin unseres Alltags – aber gleichzeitig ständig im Wandel.

Haben Sie Lust, ungeahnte Talente an sich zu entdecken?

In unserem Leben gibt es verschiedene Arbeits- und Aufgabenbereiche und jede bringt ihre Fähigkeiten und Begabungen in unterschiedlichen Zusammenhängen ein. Manche Arbeiten tragen unmittelbar zur Finanzierung unseres Lebensunterhalts bei, den wir selbst erwirtschaften müssen (z.B. die Arbeit im Weinbau, im Klosterladen oder im Gästehaus). Andere sind für das gemeinsame Leben innerhalb unseres Hauses wichtig (z.B. die Betreuung der alten und kranken Mitschwestern, die Sorge für unsere Wäsche und den Garten, die Arbeit in der Sakristei oder in der Verwaltung). Viele Schwestern nutzen wissenschaftliche oder praktische Ausbildungen, die sie vor ihrer Zeit im Kloster oder währenddessen gemacht haben. Immer wieder werden auch ungeahnte Talente entdeckt. Und: Neben allen sichtbaren Tätigkeiten sind es oft die unscheinbaren Begabungen im Miteinander, die eine Gemeinschaft überhaupt erst lebendig machen und zusammenhalten, z.B. Hilfsbereitschaft, die Fähigkeit, andere zu ermutigen oder zu trösten, Streitschlichtung oder die Planung der nächsten Karnevalssitzung…

Wollen Sie Verantwortung für Kirche und Welt übernehmen?

Dass wir als Benediktinerinnen an einem festen Lebensort verwurzelt sind, gibt uns Standfestigkeit zum Einsatz für andere. Wir wollen Kirche und Welt aktiv mitgestalten. Dazu gehört für uns, dass wir ein offenes Ohr für alle haben, die mit ihren Freuden, Sorgen und Fragen zu uns kommen – z.B. in unserem Gästehaus, im Rahmen von Besucher*innengruppen oder in Einzelgesprächen. Schwestern unserer Gemeinschaft engagieren sich auch in Forschung und Wissenschaft, in der Seelsorge, in Vorträgen, im Synodalen Weg der katholischen Kirche in Deutschland, in der Flüchtlingshilfe, in der örtlichen Feuerwehr und in vielen ganz alltäglichen Begegnungen und Situationen, in denen wir unsere christliche Hoffnung bezeugen und uns für gelingendes Leben einsetzen können.

Bewegt Sie die Frage, wo Kirchen und Klöster  – und konkret die Abtei St. Hildegard – in 50 Jahren stehen?

Offen gesagt: Keine von uns weiß es. Fest steht aber, dass diese Zukunft heute beginnt. Wer heute in ein Kloster eintritt, sollte auch die Bereitschaft mitbringen, diese offene Perspektive auszuhalten, Zukunft zu gestalten und das Heute ganz konkret im Alltag anzupacken. Wie können wir Kirche als lebensfördernde, menschenfreundliche Gemeinschaft leben? Welche Traditionen wollen sorgfältig ins Heute übersetzt werden? Welche neuen Schritte müssen wir wagen, um authentisch christlich zu leben? Und auch: Wie sichern wir gemeinsam unsere materielle Existenz?

Können Sie Spagat?

In der Benediktsregel spielt die richtige Balance zwischen Extremen eine wichtige Rolle, sowohl für das alltägliche Leben in Gemeinschaft als auch für die Gottesbeziehung. Benediktinisches Leben bedeutet deshalb immer Suche nach Ausgewogenheit: zwischen Gebet und Arbeit, zwischen Gemeinschaft und persönlicher Gottsuche, zwischen großem und kleinem Schleier, zwischen alten Traditionen und neuen Aufbrüchen, zwischen Steak und Tofu, zwischen der Erfahrung der älteren Mitschwestern und dem Eifer der jungen, zwischen Sprechen und Schweigen, zwischen Gemeinschaftssinn und Individualität, zwischen tatkräftigem Einsatz und ruhiger Gelassenheit, …

Haben Sie weitere Fragen und möchten mit uns Kontakt aufnehmen?

Kontakt:

Sr. Raphaela Brüggenthies
Novizenmeisterin
Abtei St. Hildegard 1
65385 Rüdesheim am Rhein
Telefon (Zentrale): 06722/499-0
Email: noviziat@abtei-st-hildegard.de

Wie „geht“ ein Klostereintritt?

Voraussetzungen

Wer in unsere Gemeinschaft eintreten möchte, muss eine abgeschlossene Berufsausbildung oder ein abgeschlossenes Studium mitbringen. Außerdem ist es erfahrungsgemäß wichtig, vor dem Klostereintritt bereits in Ausbildung, Studium oder Beruf auf eigenen Füßen gestanden, den eigenen Lebensunterhalt finanziert und Beziehungserfahrung gesammelt zu haben. Formale Eintrittsvoraussetzungen sind, dass die Interessentin ledig und katholisch ist, körperlich und psychisch gesund und frei von finanziellen Verpflichtungen.

zu Gast an der Pforte

Wer sich einen Klostereintritt vorstellen kann, ist herzlich zu einem Gastaufenthalt an der Pforte, d.h. in unserem Gästehaus, eingeladen. Hier findet ein erstes Kennenlernen statt und man kann Erfahrungen mit dem klösterlichen Lebensrhythmus sammeln. In diesem Rahmen wird in Gesprächen mit der Novizenmeisterin (Ausbildungsleiterin) und weiteren Schwestern geklärt, ob die Erwartungen der Interessentin und die Lebensweise unserer Gemeinschaft zueinander passen könnten.

Postulat

Mit dem offiziellen Eintritt ins Kloster beginnt ein einjähriges Postulat, das vor allem im Kennenlernen der praktischen Abläufe und dem Einleben ins klösterliche Leben dient. Neben dem Mitleben und -arbeiten im Klosteralltag gibt es ein Unterrichtsprogramm zur Einführung in die Lebensweise des Mönchtums, in unsere Ordensregel und den gregorianischen Choral und zu weiteren geistlichen Themen.

Noviziat

Zu Beginn des darauffolgenden zweijährigen Noviziats empfängt die Novizin das Ordenskleid und ist so nun auch nach außen hin als Teil der Gemeinschaft erkennbar. In dieser engeren Zugehörigkeit setzt sie die Lebens- und Arbeitserfahrungen und das Unterrichtsprogramm fort und prüft, ob sie in der klösterlichen Lebensform auf Dauer heimisch werden kann.

Zeitliche Profess

Gegen Ende des Noviziats entscheiden die Novizin und die Klostergemeinschaft, ob sie den gemeinsamen Lebensweg längerfristig und in größerer Verbindlichkeit fortsetzen wollen. Wenn ja, folgt die Zeitliche Profess für zunächst drei Jahre und danach noch einmal für zwei weitere Jahre der Erprobung.

Feierliche Profess

Den Abschluss der klösterlichen Anfangsausbildung bildet die endgültige Bindung an die Gemeinschaft in der Feierlichen Profess. „Fertig“ ist man mit dem klösterlichen Leben aber nie, sondern der Lernprozess in der Beziehung zu Gott und zu den Mitschwestern geht ein Leben lang weiter.