“Scivias”-Kodex: Tafel 28: Die Säule der wahren Dreieinigkeit

Gott offenbart sich im Erlösungswerk seines Sohnes als dreifaltig-einer. In der westlichen Ecke des Heilsgebäudes schaute Hildegard eine wunderbare, geheimnisvolle und äußerst starke Säule von dunkelroter Farbe. Sie steht für den dreifaltigen Gott. Vater, Wort und Heiliger Geist sind ein Gott in der Dreifaltigkeit, und diese Dreifaltigkeit besteht in der Einheit im Bild der vollkommenen Säule alles Guten. Sie durchdringt Höhen und Tiefen und beherrscht den ganzen Erdkreis. Die Säule ist dunkelrot, weil der Sohn Gottes sein Blut für die menschliche Sünde dahingab. Der Sohn, vom Heiligen Geist empfangen, vom Vater in die Welt gesandt, suchte nicht seine Ehre, sondern die des Vaters. Er erschloss den Zugang zur unerschöpflichen Tröstung des Heiligen Geistes.
Die Säule hat an der Außenseite drei stahlfarbene Kanten, vom Fuß bis zur Spitze, schneidend wie ein geschliffenes Schwert. Sie ist dem Widerspruch der Finsternis gegenübergestellt wie eine scharfe Schneide. Nur den ungläubigen Herzen bleibt sie verborgen in ihrer Gewalt und Macht. Eine Kante nach Süden gerichtet, mit viel abgeschnittenem trockenem Stroh, weist darauf hin, dass alles, was dem wahren Glauben entgegensteht, abgeschnitten wird. Eine Kante nach Nordwesten mit zerschlissenen Federchen zeigt, dass Gott die stolze Prahlerei zu Boden wirft. Die Pharisäer, auf sich selbst bauend, wurden weggeblasen. Die mittlere Kante gegen Westen zeigt viele abgesägte morsche Hölzer. Sie stehen für die Gottlosen, die lieber den teuflischen Trugbildern folgen als den göttlichen Geboten. Sie sind von der Freude des Lebens abgeschnitten. „Die Menschen sollen einfältigen und demütigen Herzens an Gott als den Einen und Wahren in drei Personen glauben und ihn nicht verwegen erforschen, weil er nicht erfasst werden kann. Obwohl diese drei göttlichen Personen sich unterscheiden, sind sie dennoch eine einzige, vollständige und unveränderliche Wesenheit von unermesslicher Schönheit, die in ungeteilter Einheit bleibt.“

Sr. Hiltrud Gutjahr OSB