„Nie wieder“ – fordert uns jetzt
„Nie wieder“ – dieses Versprechen als Lehre aus den Schrecken des Nationalsozialismus fordert uns jetzt zum Handeln auf. Darum war es für uns selbstverständlich, an den Demonstrationen am 26. Januar in Geisenheim und am 27. Januar in Bingen teilzunehmen und wir sind den Menschen dankbar, die mit großem Arbeitsaufwand in kürzester Zeit diese großen Veranstaltungen organisiert haben. Es ist beeindruckend, wie überall in Deutschland Menschen für den Schutz der Demokratie und der offenen Gesellschaft eintreten.
Mit zunehmender Sorge nehmen wir in den letzten Monaten wahr, dass antisemitische Vorfälle nicht nur häufiger, sondern extremer werden, dass menschenfeindliche Aussagen plötzlich sagbar erscheinen und dass Menschen sich aus Angst fragen, ob sie Deutschland verlassen sollten. Es wirkt wie ein Geschichtsfilm über die 1920er/1930er Jahre, aber es geschieht tatsächlich heute. Vor unser aller Augen.
Aufgewachsen im sicheren Bewusstsein, dass die freiheitlich-demokratische Grundordnung unseres Staates uns und alle anderen Menschen in diesem Land schützt und uns ermöglicht, unser Leben frei zu entfalten, hielten viele jüngere Menschen derartige demokratiefeindliche Ideen für ein Problem der Vergangenheit oder anderer Staaten. Wir dachten, unser Land sei ein Zufluchtsort, an dem wir gerade im Wissen um das Menschheitsverbrechen der Shoa besonders auf ein demokratisches und freies Miteinander achten. Doch wir können nicht länger die Augen davor verschließen, dass Hass und menschenfeindliche Ideologien in den öffentlichen Raum dringen, wenn Menschen wegen ihres Glaubens, ihrer Herkunft oder ihrer Überzeugungen Angst in diesem Land bekommen.
Bei beiden Veranstaltungen sprachen Menschen, die selbst von dem zunehmenden Rassismus betroffen sind. Bei beiden Veranstaltungen baten sie darum, nicht allein gelassen zu werden. Die Zivilgesellschaft kann und muss zeigen, dass sie nicht alleine sind. Nicht nur bei Demonstrationen, im Alltag ist es wichtig, dass wir uns für den Schutz der Demokratie einsetzen. Jeder von uns kann sich schützend vor und neben Menschen stellen, die von antisemitischen oder rassistischen Anfeindungen oder Beleidigungen betroffen sind. Es ist unsere Pflicht – als Staatsbürger, als Mensch und als Christ. Die Überzeugung, dass jeder Mensch eine unantastbare Würde hat, ist Grundprinzip unserer Verfassung und es ist auch ein Fundament unseres Glaubens. Von Gott geschaffen und gewollt, ist jedem Menschen eine absolute Würde inne, die ihn gottebenbildlich macht und die ihm nicht abgesprochen werden kann. Es gibt keine Hierarchien, die Menschen mehr oder weniger wert machen. Dieses fundamentale Prinzip der jüdisch-christlichen Glaubenstradition ist in unsere Demokratien eingeflossen. Wenn unsere freiheitliche demokratische Grundordnung gefährdet ist, betrifft uns das alle. Aus diesem Grund möchten wir allen, die Angst haben, sagen: wir stehen an Eurer Seite. Es ist an uns, unsere Stimme zu finden – ob mit Worten oder Gesten, ob leise oder laut. Wie können wir das sagen? Bei jeder Gelegenheit, dies ist ein Anfang.
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