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Mit einem feierlichen Festakt ist am Freitag, dem 10. Mai, die „ST. HILDEGARD-AKADEMIE EIBINGEN E.V. – ZENTRUM FÜR WISSENSCHAFT, FORSCHUNG UND EUROPÄISCHE SPIRITUALITÄT“ der Öffentlichkeit vorgestellt worden. An der Feier, die am siebten Jahrestag der offiziellen Heiligsprechung Hildegards von Bingen, stattfand, nahmen der Hessische Kultusminister Alexander Lorz, der Speyerer Bischof Karl-Heinz Wiesemann, die Weihbischöfe Dr. Udo Bentz, Mainz, und Dr. Thomas Löhr, Limburg, sowie mehr als 200 weitere Gäste aus Wissenschaft und Kultur, Kirche und Gesellschaft teil.

Den theologischen und spirituellen Beitrag Hildegards für ein gemeinsames Europa fruchtbar machen

Angesichts der gesellschaftlichen, kulturellen und religiösen Herausforderungen in Europa ist es das erklärte Ziel der neu gegründeten Akademie, das Bewusstsein um die christlichen Grundlagen Europas zu stärken. Dabei stützt sich die St. Hildegard-Akademie auf die spirituellen und wissenschaftlichen Ressourcen unserer Abtei, die von der heiligen Hildegard im 12. Jahrhundert gegründet wurde. Im Sinne der großen Heiligen, die gleichermaßen Theologin wie Politikerin war, verknüpft die Akademie die theologische Erforschung von Hildegards Werken mit der Übertragung wissenschaftlicher Ergebnisse in aktuelle gesellschaftliche Kontexte. Die neue Akademie will zu einer mutigen christlichen Gestaltung der europäischen Gegenwart und Zukunft inspirieren.

„Mit einer europapolitisch angewandten Theologie liegt die Akademie in der Tradition der heiligen Hildegard“, so Sr. Maura Zátonyi OSB, Vorsitzende der St. Hildegard-Akademie. Ziel der Akademie ist es, den theologischen und spirituellen Beitrag der Kirchenlehrerin Hildegard für ein gemeinsames Europa fruchtbar zu machen. Seit über hundert Jahren ist unsere Abtei in der Hildegard-Forschung aktiv. Aus dieser lebendigen Wissenschaftstradition kommend waren es nicht zuletzt unsere Mitschwestern, die maßgeblich zu den theologischen Vorbereitungen beitrugen, die zur offiziellen Heiligsprechung Hildegards durch Papst Benedikt XVI. am 10. Mai 2012 und zu ihrer Erhebung zur Kirchenlehrerin am 07. Oktober desselben Jahres geführt haben. Bereits damals reifte die Idee, eine Institution zur theologischen Erschließung der Werke Hildegards zu Gründung.

Drei wesentliche Aufgabenbereiche

Die entscheidende Initiative zur Gründung der St. Hildegard-Akademie ist nun Monsignore Michael H. Weninger, Mitglied des Päpstlichen Rates für den interreligiösen Dialog beim Heiligen Stuhl, zu verdanken. Die Akademie verbindet in einzigartiger Weise drei Aufgabenbereiche: Förderung der wissenschaftlichen Arbeit, Vermittlung von Bildungsaktivitäten und Entwicklung einer christlichen Gesellschaftslehre in europäischer Dimension.

Am 10. Mai 2019, dem siebten Jahrestag der offiziellen Heiligsprechung Hildegards von Bingen, stellt sich die St. Hildegard-Akademie in einer festlichen Gründungsfeier einer breiteren Öffentlichkeit vor und lädt Interessierte dazu ein, eines oder mehrere der Anliegen der Akademie als Mitglieder zu unterstützen.

Hildegard von Bingen (1098-1179) antwortete auf die Herausforderungen ihrer Zeit mit ihrem gesamten Lebenswerk: ihrem theologischen Schrifttum, ihrem gesellschaftlich-kirchenpolitischen Engagement und ihrem karitativen Einsatz für Bedürftige und Kranke. Die Basis für all ihre Tätigkeiten in Kirche und Welt schuf sie mit ihren Klostergründungen auf dem Rupertsberg und in Eibingen. Nach Jahrhunderten benediktinischen Lebens wurde das Kloster Rupertsberg 1632 von den Schweden zerstört, das Kloster Eibingen zu Beginn des 19. Jahrhunderts im Zuge der Säkularisation aufgelöst.  Mehrere Jahrzehnte nach der Aufhebung, in den 80er-90er Jahren des 19. Jahrhunderts, reifte der Plan einer Wiederbelebung der hildegardischen Klöster auf die Initiative des Bischofs von Limburg, Peter Joseph Blum (1842-1883). Im Jahre 1900 wurde der Grundstein für ein neues Kloster in den Weinbergen über Rüdesheim, ein paar Kilometer entfernt vom ehemaligen Eibinger Kloster gelegt. Dank dem großzügigen Stifter, Fürst Karl zu Löwenstein-Wertheim-Rosenberg, konnten die Gründerinnen, acht Nonnen und sechs Schwestern aus St. Gabriel / Prag, am 17. September 1904 in das neue Kloster einziehen. Die wiederbegründete Abtei St. Hildegard Eibingen führt die Tradition beider Klöster Hildegards fort und gilt als deren rechtliches Nachfolgekloster, die Äbtissinnen werden auch heute von der hl. Hildegard ausgehend gezählt. 1908 feierte die Gemeinschaft bereits die Kirchweihe, der gleich die Weihe der ersten Äbtissin, Mutter Regintrudis Sauter (1865-1957, Äbtissin von 1904-1955), folgte. Im Laufe der kommenden Jahre und Jahrzehnte wurde der Klosterbau erst allmählich vollendet.

Grundlegung der Hildegard-Forschung in der Abtei

Parallel zum äußeren Aufbau von Neu-St. Hildegard waren die Nonnen sichtlich bemüht, sich auch das geistige Erbe von Rupertsberg und Eibingen anzueignen. Ein wesentlicher Schritt dabei bedeutete die intellektuelle Rezeption der Werke Hildegards von Bingen. Abt Ildefons Herwegen von Maria Laach (1847-1946) gab starke Impulse, die für die Hildegard-Forschung der Abtei grundlegend waren. Auf seine Unterstützung und geistige Anregung hin begann Sr. Maura Böckeler (1890-1971), sich mit Person und Werk der hl. Hildegard zu befassen. Mutter Regintrudis lag es daran, die Hildegard-Forschung in der Gemeinschaft aufzubauen. Begeistert förderte sie die wissenschaftliche Tätigkeit ihrer Nonnen durch ihre Aufmunterung, großzügige Gewährung von Arbeitsmöglichkeiten und nicht zuletzt durch den „Segen des hl. Gehorsams“. Ihr Ziel war, „im tiefsten Verstehen der Schriften unserer hl. Patronin der Welt diese verborgenen Schätze und Reichtümer wieder im vollen Umfang zugänglich“ zu machen. In diesem Sinne fühlt sich die Gemeinschaft der Abtei St. Hildegard von Anfang an bis heute verpflichtet, Person, Leben und Werk ihrer begnadeten Gründerin aus dem 12. Jahrhundert wissenschaftlich zu erschließen.

Studien, Übersetzungen, kritische Editionen

Im Februar 1927 erschien Sr. Maura Böckelers erste deutsche Übersetzung des Ordo virtutum – mit den Worten der damaligen Chronistin als „unsere Erstlingsgabe auf diesem Gebiet an die hl. Hildegard“. Ein Jahr später, im Jahre 1928, wurde die erste deutsche Scivias-Übersetzung herausgegeben, ebenso ein Werk von Sr. Maura, an dem sie mit mehreren Mitschwestern an der Seite über mehr als ein Jahrzehnt lang gearbeitet hat. Das Geleitwort zu beiden Werken verfasste Abt Ildefons Herwegen.

Wichtige Beiträge leistete Sr. Marianna Schrader (1882-1970) mit historischen Studien, die in der quellenkritischen Erforschung der Schriften der hl. Hildegard gipfelten. Dieses Forschungsprojekt wurde durch Initiative von Frau Dr. Margarete Kühn, einer Mitarbeiterin der Monumenta Germaniae Historica in Berlin, der Abtei angetragen, nachdem Professor Bernhard Schmeidler in seiner Veröffentlichung „Bemerkungen zum Corpus der Briefe der hl. Hildegard von Bingen“ die Autorschaft Hildegards in Frage gestellt hatte. Bei der Beweisführung in der Echtheitsfrage stand Sr. Marianna Sr. Adelgundis Führkötter (1905-1991), eine temperamentvolle und intellektuell begabte Mitschwester, zur Seite. Während Sr. Marianna mit hervorragenden geschichtlichen Kenntnissen die literarhistorischen Zeugnisse für die Echtheit der Werke der hl. Hildegard erarbeite, erbrachte Sr. Adelgundis die Beweise aus den Handschriften.[1] Unterstützt durch fachkundige Beratung von Mediävisten, vor allem vom berühmten Paläographen Bernhard Bischoff, wurde 1956 die Monographie Die Echtheit des Schrifttums der heiligen Hildegard veröffentlicht, die zu den Standardwerken der Hildegard-Forschung zählt. Noch vor dem Erscheinen der kritischen Editionen gelang den beiden Mitschwestern, die Echtheitsfrage der hildegardischen Werke zu klären, und damit bereitetet sie den Weg zu den kritischen Textausgaben der Werke Hildegards.

Die unter Mutter Regintrudis in Gang gesetzte Hildegard-Forschung wurde von ihren Nachfolgerinnen im Äbtissinnenamt weiterhin gefördert. Während der Amtszeit von Mutter Fortunata Fischer (1903-1980, Äbtissin von 1955-1978) entstand die kritische Edition des Erstlingswerkes der hl. Hildegard, Scivias. Mit diesem zweibändigen Werk in der Reihe Corpus Christianorum haben die beiden Editorinnen, Sr. Adelgundis Führkötter und Sr. Angela Carlevaris (1921-2015), dem groß angelegten Projekt der kritischen Textausgabe aller Schriften Hildegards einen würdigen Anfang gesetzt. Dank der editorischen Arbeiten von Sr. Angela stammt die kritische Textausgabe des zweiten Hauptwerkes Hildegards, des Liber vitae meritorum, ebenso aus der Abtei, erschienen 1995, unter der dritten Äbtissin, Mutter Edeltraud Forster (*1922, Äbtissin von 1978-1998). Auch Mutter Clementia Killewald (1954-2016, Äbtissin von 2000-2016) machte sich das Anliegen ihrer Vorgängerinnen zu eigen und sorgte dafür, dass Sr. Angela bei zunehmendem Alter eine jüngere Mitschwester, Sr. Maura Zátonyi (*1974), als Gehilfin bekommt. Dieser konnte Sr. Angela trotz ihrer Erblindung vieles aus dem Reichtum ihrer Kenntnisse weitergeben und etliche Problemata Hildegardiana zur weiteren Erforschung anvertrauen.

Als fast alle Werke Hildegards in kritischen Editionen vorlagen, plante die Abtei eine deutschsprachige Gesamtausgabe der Werke Hildegards. Sr. Philippa Rath übernahm die Verantwortung für die Herausgeberschaft. 2010 erschien im Beuroner Kunstverlag der erste Band mit der Neuübersetzung des Scivias von Frau Studienrätin Mechthild Heieck († 2011), die als engagierte Oblatin mit der Abtei verbunden war. Zum Projekt, das bis 2016 in zehn Bänden verwirklicht wurde, konnte Sr. Philippa größtenteils neue Übersetzungen besorgen, die auf den kritischen Editionen basieren. In manchen Bänden wurden bereits vorhandene Übersetzungen, die aber längst vergriffen waren, neu aufgelegt und dadurch wieder zugänglich gemacht. Die Beuroner Gesamtausgabe erfüllt eine bedeutsame Aufgabe, wenn sie nun alle Schriften der hl. Hildegard, die noch im Laufe der Veröffentlichungen der Bände 2012 zur Kirchenlehrerin erhoben wurde, einem breiten Leserkreis zur Verfügung stellt.

Karl Kardinal Lehmann, der Bischof von Mainz, würdigte das Verdienst der Abtei für die Hildegard-Forschung zum Anlass der Erhebung der hl. Hildegard zur Kirchenlehrerin mit folgenden Worten: „Wenn wir heute die hl. Hildegard mit sehr viel mehr Differenzierungen verstehen, ist dies auch ein Erfolg der immens fleißigen wissenschaftlichen Erforschung im 20. Jahrhundert. […] Nicht zuletzt ist es ein Hauptverdienst der Abtei Eibingen, viele aufklärende Studien und vor allem kritische Editionen und Übersetzungen aufbereitet und zur Verfügung gestellt zu haben. Ich nenne nur die Schwestern Maura Böckeler, Angela Carlevaris, Adelgundis Führkötter, Marianne Schrader, Walburga Storch, Caecilia Bonn und heute fortgesetzt von Schwester Maura Zátonyi, unterstützt von den Äbtissinnen Schwester Edeltraud Forster und Schwester Clementia Killewald.“[2

Höhepunkte: Jubiläumsjahre und die Erhebung der hl. Hildegard zur Kirchenlehrerin

Die drei Jubiläumsjahre im 20. Jahrhundert brachten auch der Hildegard-Forschung zum Aufschwung und spiegeln sich auch in bedeutenden Publikationen wider.

Die erste deutsche Übersetzung von Scivias und die zahlreichen Beiträge von Sr. Maura Böckeler zeugen von der produktiven Auswirkung der Jubelfeier zum 750. Todestag der hl. Hildegard im Jahre 1929.

Die kritische Edition des Scivias leitete das zweite Hildegardis-Jubiläum ein, das vom September 1978 bis zum September 1979 zum 800. Todestag Hildegards begangen wurde. Neben der Fülle von Veranstaltungen und Vorträgen entstand eine Festschrift auf die Anregung der Stadt Bingen, die im Auftrag der Gesellschaft für Mittelrheinische Kirchengeschichte von Professor Anton Ph. Brück herausgegeben wurde: Hildegard von Bingen 1179-1979, Mainz 1979. Das Konzept des Bandes erstellte er in enger Zusammenarbeit mit der Abtei. Mehrere Mitschwestern wirkten an der Festschrift mit: Sr. Adelgundis Führkötter, Sr. M. Immaculata Ritscher, Sr. Adelheid Simon, Sr. Johanna Isenbarth, und der Hymnus der damals schon verstorbenen Sr. Maura zu Ehren der hl. Hildegard wurde abgedruckt.

Zur Feier des 900. Geburtstages ihrer Gründerin hat die Abtei die Festschrift Hildegard von Bingen. Prophetin durch die Zeiten (Freiburg e.a. 1997) herausgegeben. Im Vorwort legt Äbtissin Mutter Edeltraud Forster die Überzeugung des Konventes dar, die diesen zu der Festschrift veranlasste: Auf der Schwelle zum dritten Jahrtausend erkannten die Schwestern der Abtei, dass in der Zeit des Umbruchs, der Unruhe und der Haltlosigkeit Hildegard und ihre prophetische Botschaft im wahrsten Sinne des Wortes Lebensweisungen sind, an denen wir uns orientieren können. Prominente Wissenschaftler, darunter zwei Mitschwestern, Sr. Angela und Sr. Caecilia, erleuchteten in der Festschrift wichtige Aspekte der Hildegard-Forschung: die Frage nach der Aktualität Hildegards, ihr Selbstverständnis, Probleme der Überlieferung ihrer Werke, Themen zur Anthropologie, Kosmologie, Theologie und Spiritualität, ihre Musik, die Miniaturen in den Handschriften, das Verhältnis zur Heilkunde, schließlich die Rezeption der Werke und die Verehrung der Person Hildegards.

Der kontinuierlichen wissenschaftlichen Tätigkeit ist zu verdanken, dass bei der historischen Aufgabe, die 2011 die Vorbereitung der Heiligsprechung und der Erhebung Hildegards zur Kirchenlehrerin bedeutete, Mitschwestern aus der Abtei aktiv mitwirken konnten. Papst Benedikt XVI. setzte eine Kommission ein, die er beauftragte, die für die Positio super canonizatione ac ecclesiae doctoratu erforderlichen Gutachten zu verfassen. Unter der Leitung von P.Vincenzo Criscuolo OFMCap trat die Kommission am 30. April 2011 in unserer Abtei zusammen und nahm ihre Arbeit auf. In den Monaten von Mai bis Dezember 2011 erstellten die Mitglieder ihre Beiträge: Herr Professor Dr. Michael Embach über die Biographie Hildegards und die Überlieferung und Rezeption ihrer Werke, Frau Dr. Monika Klaes-Hachmöller über den ersten Versuch einer Kanonisation Hildegards im 13. Jahrhundert, Sr. Matthia Eiden OSB über die Geschichte der Verehrung und des Kultes von Hildegard, Pater Prof. Dr. Rainer Berndt SJ zusammen mit Sr. Maura Zátonyi OSB über die Tugenden und den Ruf der Heiligkeit Hildegards, ferner über ihre Werke und ihre herausragende theologische Lehre („eximia doctrina“), Sr. Philippa Rath OSB stellte die ikonographische Sammlung zusammen. Aufgrund der hingebungsvollen und sorgfältigen Arbeit aller Beteiligten konnte Hildegards Erhebung zur Kirchenlehrerin am 7. Oktober 2012 auf dem Petersplatz in Rom erfolgen.[3]

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Das historische Ereignis im Jahre 2012 gab Anlass dazu, Person, Leben und Werk der neuen Kirchenlehrerin in einem wissenschaftlichen Kongress zu reflektieren. So reifte die Idee einer internationalen und interdisziplinären Tagung. Mutter Clementia lud Pater Prof. Dr. Rainer Berndt SJ, den Direktor des Hugo von Sankt Viktor-Instituts, der bereits 2011 wesentliche Teile der Positio erarbeitet und verantwortet hatte, für die Konzeption und die Durchführung eines Kongresses ein. Im Auftrag und in Zusammenarbeit mit unserer Abtei, vertreten durch Sr. Philippa und Sr. Maura, organisierte Pater Berndt das Symposium „Unversehrt und unverletzt. Hildegards von Bingen Menschenbild und Kirchenverständnis heute“, das von 27. Februar-3. März 2013 im Erbacher Hof, Akademie des Bistums Mainz, in Mainz stattfand. Pater Berndt gelang es, Forscher aus den verschiedenen Disziplinen und aus aller Welt zu gewinnen. Das Ziel des Kongresses bestand darin, bei der historischen und der geistesgeschichtlichen Kontextualisierung Hildegards sowie der Erfassung der Überlieferungs- und Rezeptionsgeschichte ihrer Werke einen theologischen Akzent zu setzen. So hat dieses Hildegard-Symposium die historischen Ereignisse des Jahres 2012 nicht nur auf eine würdige Weise abgeschlossen, sondern es hat wegweisende Impulse für die künftige Forschung gegeben.

Die Hildegard-Forschung gehört von der ersten Stunde der Neugründung der Abtei St. Hildegard an zum Kern unserer Sendung. Dem Bekenntnis von Sr. Adelgundis aus dem Jahre 1980 schließt sich auch die heutige Generation an: „Es wird eine bleibende Aufgabe der Benediktinerinnenabtei Eibingen sein, das geistige Erbe ihrer bedeutenden Gründer-Äbtissin Hildegard von Bingen lebendig in der eigenen Gemeinschaft zu erhalten und zur Entfaltung zu bringen und es den fragenden und suchenden Menschen unserer Zeit als einen Weg zu Gott zu vermitteln.“[4]

Die Erforschung von Leben und Werk der heiligen Hildegard und die Vermittlung ihrer Botschaft und ihrer Person in Kirche und Gesellschaft hinein bedeutet für unsere Abtei eine Form, den Dienst am Evangelium zu verwirklichen.

Diesem Ziel dient auch die am 10. Mai 2019 der Öffentlichkeit vorgestellte neugegründete „St. Hildegard-Akademie Eibingen e.V. – Zentrum für Wissenschaft, Forschung und europäische Spiritualität“, mit der die Hildegardforschung nun endlich einen institutionalisierten Rahmen gefunden hat und deren Vorsitzende Sr. Dr. Maura Zátonyi OSB ist.

 

Literaturverzeichnis

  1. Verwendete Literatur

Annalen und Chroniken im Archiv der Abtei St. Hildegard.

Aris, Marc-Aeilko/Embach, Michael/Lauter, Werner/Müller, Irmgard/Staab, Franz/Steinle, Scholastica: Hildegard von Bingen. Internationale wissenschaftliche Bibliographie, unter Verwendung der Hildegard-Bibliographie von Werner Lauter, Mainz 1998.

Berndt, Rainer SJ/Zátonyi, Maura OSB: Glaubensheil. Wegweisung ins Christentum gemäß Hildegard von Bingen (Erudiri Sapientia 10), Münster 2013.

Brück, Anton Philipp: „Chorfrau Marianna Schrader OSB“, in Archiv für mittelrheinische Kirchengeschichte 23 (1971) 368.

Führkötter, Adelgundis: „Die Benediktinerinnenabtei St. Hildegard zu Eibingen. Das erste Frauenkloster der Beuroner Kongregation auf deutschem Boden und seine Bedeutung für die Hildegardforschung“, in Archiv für mittelrheinische Kirchengeschichte 32 (1980) 135-146.

Lauter, Werner: „Maura Böckeler“, in Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon 20, Herzberg 2002, 217-221.

Lauter, Werner: Bibliographischer Wegweiser zu den Veröffentlichungen von und über Sr. Adelgundis Führkötter OSB, zum 80. Geburtstag, Maschinenschrift 1985.

Lehmann, Karl Kardinal: „Größe und Elend des Menschen in der Schöpfung nach der heiligen Hildegard von Bingen, in Unversehrt und unverletzt. Hildegards von Bingen Menschenbild und Kirchenverständnis heute, hg. von Rainer Berndt SJ in Verbindung mit Maura Zátonyi OSB (Erudiri Sapientia 12), Münster 2015, 369-383.

Zátonyi, Maura: „Kirchbauten, Buchstaben, Theologie. Die dreifache Rezeption des Rupertsberger SCIVIAS-Kodex“, in Erbe und Auftrag 90 (2014) 152-169.

  1. Sammelbände, die in der Abtei oder in Verbindung mit ihr entstanden sind – chronologisch geordnet

Hildegard von Bingen 1179-1979, Festschrift zum 800. Todestag der Heiligen, hg. von Anton Ph. Brück, Mainz 1979.

Hildegard von Bingen. Prophetin durch die Zeiten, hg. von Edeltraud Forster, Freiburg/Basel/Wien 1997.

Unversehrt und unverletzt. Hildegards von Bingen Menschenbild und Kirchenverständnis heute, hg. von Rainer Berndt SJ in Verbindung mit Maura Zátonyi OSB (Erudiri Sapientia 12), Münster 2015.

  1. Deutschsprachige Gesamtausgabe der Werke Hildegards, herausgegeben von der Abtei St. Hildegard – nach der Band-Nummer geordnet

Hildegard von Bingen: Wisse die Wege – Liber Scivias. Eine Schau von Gott und Mensch in Schöpfung und Zeit, Neuübersetzung von Mechthild Heieck, mit einer Einführung von Maura Zátonyi OSB, hg. von der Abtei St. Hildegard, Rüdesheim/Eibingen (Hildegard von Bingen. Werke 1), Beuron 2010.

Hildegard von Bingen: Ursprung und Behandlung der Krankheiten – Causae et Curae, vollständig neu übersetzt und eingeleitet von Ortrun Riha, hg. von der Abtei St. Hildegard, Rüdesheim/Eibingen (Hildegard von Bingen. Werke 2), Beuron 2011.

Das Leben der heiligen Hildegard von Bingen – Vita Sanctae Hildegardis, mit einer Einführung von Prof. Dr. Michael Embach, übersetzt von Monika Klaes-Hachmöller, hg. von der Abtei St. Hildegard, Rüdesheim/Eibingen (Hildegard von Bingen. Werke 3), Beuron 2013.

Hildegard von Bingen: Lieder – Symphoniae, neu übersetzt und eingeleitet von Barbara Stühlmeyer, hg. von der Abtei St. Hildegard, Rüdesheim/Eibingen (Hildegard von Bingen. Werke 4), Beuron 2012.

Hildegard von Bingen: Heilsame Schöpfung – Die natürliche Wirkkraft der Dinge. Physica, vollständig neu übersetzt und eingeleitet von Ortrun Riha, hg. von der Abtei St. Hildegard, Rüdesheim/Eibingen (Hildegard von Bingen. Werke 5), Beuron 2012.

Hildegard von Bingen: Das Buch vom Wirken Gottes – Liber divinorum operum, Neuübersetzung aus dem Lateinischen von Mechthild Heieck, Einführung von Caecilia Bonn OSB, hg. von der Abtei St. Hildegard, Rüdesheim/Eibingen (Hildegard von Bingen. Werke 6), Beuron 2012.

Hildegard von Bingen: Das Buch der Lebensverdienste – Liber vitae meritorum, neu übersetzt und eingeleitet von Maura Zátonyi OSB, hg. von der Abtei St. Hildegard, Rüdesheim/Eibingen (Hildegard von Bingen. Werke 7), Beuron 2014.

Hildegard von Bingen: Briefe – Epistolae, vollständige Ausgabe, übersetzt und eingeleitet von Walburga Storch OSB, hg. von der Abtei St. Hildegard, Rüdesheim/Eibingen (Hildegard von Bingen. Werke 8), Beuron 2012.

Hildegard von Bingen: Katechesen – Kommentare – Lebensbilder. Opera minora, hg. von der Abtei St. Hildegard, Rüdesheim/Eibingen (Hildegard von Bingen. Werke 9), Beuron 2015.

Hildegard von Bingen: Prophetisches Vermächtnis. Testamentum propheticum, übersetzt und eingeleitet von Maura Zátonyi OSB, hg. von der Abtei St. Hildegard, Rüdesheim/Eibingen (Hildegard von Bingen. Werke 10), Beuron 2016.

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Maura Böckeler OSB (16. Januar 1890 – 29. Oktober 1971)

Schwester Maura, mit Taufnamen Theresia, wuchs in Aachen in einer kinderreichen Familie auf, deren geistiges Erbe sie ihr ganzes Leben lang prägte: „eine tiefe, glaubensstarke Religiosität und theologische Begabung, Forschertalent und künstlerische Intuition, besonders auf musikalischem Gebiet, verbunden mit Herzensgüte und Freigebigkeit.“[5] Nach dem Abschluss des höheren Lehrerinnen-Examens ging sie zu einem Studienaufenthalt nach Fouron-le-Comte (Belgien), den sie mit dem Examen in Französisch abschloss, danach studierte sie zwei Jahre an der Universität Cambridge, wo sie das Examen in Englisch ablegte.

Am 28. März 1913 trat sie in die Abtei St. Hildegard ein und legte am 17. November 1914 ihre feierliche Profess ab und empfing die Jungfrauenweihe. Sie erlernte autodidaktisch die lateinische und die griechische Sprache und beschäftigte sich mit der patristischen Literatur. Ermutigt und gefördert von Ildefons Herwegen (1874-1946), Abt von Maria Laach, der selbst ein renommierter Hildegard-Forscher war, widmete sich Sr. Maura der Erforschung des Werkes ihrer Klosterpatronin. Ab den 1920er Jahren verfasste sie zahlreiche Beiträge, u.a. über den Ordo virtutum (Reigen der Tugenden bzw. Spiel der Kräfte) und den Scivias (Wisse die Wege), die sie, mangels einer kritischen Edition, auf der Grundlage der in Wiesbaden aufbewahrten Prachthandschrift als Erste ins Deutsche übertrug.

Nachdem die Gestapo am 2. Juli 1941 die Nonnen aus dem Kloster vertrieben hatte, verbrachte Sr. Maura mit vielen ihrer Mitschwestern das Exil im Mutterhaus der Franziskanerinnen in Waldbreitbach. Als der Krieg zu Ende ging, kehrte sie nach Eibingen zurück und setzte ihre schriftstellerische Tätigkeit fort. Im Kloster übernahm sie lange Zeit als „Zelatrix“ und einige Jahre als „Magistra“ (Novizenmeisterin) die Verantwortung für die Bildung der jungen Mitschwestern. Ein schweres Herzleiden zwang sie, ihr Amt und ihre wissenschaftliche Arbeit loszulassen. In ihren letzten Lebensjahren wurde sie von Krankheit und mit den schwindenden geistigen Kräften auch von Einsamkeit heimgesucht, die sie einfach und demütig trug.

Nach dem Zeugnis jener, die Sr. Maura persönlich kannten, „verstand sie es, in einmaliger Weise das nicht immer leicht zugängliche Gedankengut der hl. Hildegard, das ihr in jahrelangem Bemühen ganz zu eigen geworden war, für ihre Zuhörer zum Leuchten zu bringen.“[6]

 

Publikationen

  1. Monographien

Das große Zeichen. Die Frau als Symbol göttlicher Wirklichkeit, mit einem Geleitwort von Ildefons Herwegen, Salzburg 1941.

Der Tröstergeist, Freiburg u.a. 1948.

Die Macht der Ohnmacht. Mutter Maria Rosa Flesch, Stifterin der Franziskanerinnen BMVA von Waldbreitbach, Mainz 1962.

  1. Aufsätze

„Aufbau und Grundgedanke des Ordo virtutum der hl. Hildegard“, in Benediktinische Monatsschrift 5 (1923) 300-310.

„Beziehungen des Ordo virtutum der hl. Hildegard zu ihrem Hauptwerke Scivias. I. Ein Rundgang durch das Gebäude des Scivias, II. Die lebendigen Beziehungen zwischen Ordo und Scivias“, in Benediktinische Monatsschrift 7 (1925) 25-44 und 135-145.

„Sankt Hildegard, die Prophetin vom Rupertsberg“, in Kölnische Volkszeitung 66 (1925), Nr. 453.

„Die heilige Hildegard als Äbtissin im Rahmen des 12. Jahrhunderts“, in Benediktinische Monatsschrift 11 (1929) 435-450.

„Die mystische Begabung der heiligen Hildegard“, in St. Hildegard von Bingen, die größte deutsche Frau. Festschrift zur St. Hildegardis-Jubelfeier, hg. von Johannes Kohl, Bingen am Rhein 1929, 10-22.

„Das Mysterium der heiligen Kirche in der mystischen Schau der heiligen Hildegard“, in Kölnische Volkszeitung (1929), Nr. 649.

„Die Prophetin vom Rupertsberg: Ein Lebensbild der hl. Hildegard“, in St. Matthiasbote 3 (1929) 258-263.

„Die Abtei St. Matthias und die hl. Hildegard von Eibingen“, in St. Matthiasbote 3 (1929) 265-280.

„Die Prophetin vom Rupertsberg“, in Frauenland 22 (1929) 225-232.

„Das Leben der Töchter St. Benedikts und dessen übernatürliche Bedeutung“, in Frauenland 22 (1929) 233-238.

„Der einfältige Mensch – Hildegard von Bingen“, in Hildegard von Bingen: Wisse die Wege. Scivias, übersetzt von Maura Böckeler, Salzburg 19635, 373-408.

„Die Gesichte der hl. Hildegard“, in Benediktinische Monatsschrift 28 (1952) 55-58.

„Die Ordensfrau – Die Braut Christi“, in Das Wirken der Orden und Klöster in Deutschland, 2: Die weiblichen Orden, Kongregationen und Klöster, hg. von Adam Wienand, Köln 1964, 68-87.

„Die Jungfrauenweihe“, in Das Wirken der Orden und Klöster in Deutschland, 2: Die weiblichen Orden, Kongregationen und Klöster, hg. von Adam Wienand, Köln 1964, 88-100.

„Der Anruf der Zeit“, in Das Wirken der Orden und Klöster in Deutschland, 2: Die weiblichen Orden, Kongregationen und Klöster, hg. von Adam Wienand, Köln 1964, 101-104.

  1. Übersetzungen

Der Tugenden Würde und Aufgabe. Ein Singspiel der hl. Hildegard, Übersetzung [Ordo virtutum], in Benediktinische Monatsschrift 5 (1923) 368-378.

St. Hildegards Lied an Maria [O virga ac diadema, Übersetzung und Erklärung], in Benediktinische Monatsschrift 8 (1926) 452-458.

Der heiligen Hildegard von Bingen Reigen der Tugenden. Ordo virtutum. Ein Singspiel. Mit einem Geleitswort von Abt Ildefons Herwegen, hg., übertragen und eingeleitet von der Abtei Sankt Hildegard Eibingen im Rheingau [Einführung, deutsche Übertragung mit Erläuterungen und szenischen Anweisungen von Maura Böckeler, der musikalische Teil von Pudentiana Barth], Berlin 1927.

Der heiligen Hildegard von Bingen Wisse die Wege. Scivias. Nach dem Urtext des Wiesbadener kleinen Hildegardiskodex ins Deutsche übertragen und bearbeitet von D. Maura Böckeler OSB, mit 35 Tafeln nach den Miniaturen des Kodex, mit einem Geleitswort von DDr. Ildefons Herwegen OSB, Berlin 1928.

Hildegard von Bingen: Wisse die Wege. Scivias. Nach dem Originaltext des illuminierten Rupertsberger Kodex der Wiesbadener Landesbibliothek ins Deutsche übertragen und bearbeitet von Maura Böckeler [2., neubearbeitete Auflage], Salzburg 1954, 19553, 19614, 19635, 19756, 19817, 19878, 19969.

Der heiligen Hildegard Hymnus auf den hl. Matthias, in St. Matthiasbote 3 (1929) 281.

  1. Sonstiges

Hymnus. Ex Officio in honorem S. Hildegardis auctore Maura Böckeler OSB, in Hildegard von Bingen 1179-1979, Festschrift zum 800. Todestag der Heiligen, hg. von Anton Ph. Brück, Mainz 1979, 461.

Hildegard von Bingen: A megváltás tüzes műve, fordította Kemenczky Judit [Das feurige Werk der Erlösung, ungarische Übersetzung des zweiten Buches aus Wisse die Wege, übersetzt und bearbeitet von Maura Böckeler, ins Ungarische übertragen von Judit Kemenczky], Budapest 1995

  1. Unveröffentlicht

Das Buch vom verdienstlichen Leben. Übersetzung der 1. Vision vom Liber Vitae Meritorum (handgeschrieben), 1925.

Die Mystik der hl. Hildegard in ihrem Werk Wisse die Wege.

Die Posaune Gottes. Meisterin Hildegard vom Rupertsberg (handgeschrieben).

Hildegards Heiligkeit. Nachgewiesen aus ihrem Leben und ihren Schriften (Maschinenschrift) 1935.

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Marianna Schrader OSB (24. Februar 1882 – 27. September 1970)

Sr. Marianna, mit Taufnamen Maria Charlotte, verbrachte ihre Kindheit in Darmstadt und Mannheim. Ab 1896 besuchte sie das Institut der Englischen Fräulein in Bensheim, anschließend das höhere Lehrerinnenseminar in Darmstadt. Einen längeren Studienaufenthalt in Belgien schloss sie mit dem Examen in Französisch ab.

Am 2. September 1910 trat sie in die Abtei St. Hildegard ein, am 14. Juni 1912 legte sie ihre feierliche Profess ab und empfing die Jungfrauenweihe. Mehrere Aufgaben wurden ihr im klösterlichen Bereich zugeteilt, u.a. war sie als Cellerarin verantwortlich für die wirtschaftlichen Belange des Klosters. Ihr Talent für historisches Arbeiten zeigte sich in ihren Studien über die Klöster Rupertsberg und Eibingen. So beteiligte sie sich am Aufbau des Abtei-Archivs unter der sachkundigen Anleitung des Direktors des Wiesbadener Staatsarchivs, Dr. Max Domarus, und stellte sich als Archivarin in den Dienst der Gemeinschaft. „Begabt mit historischem Spürsinn, Tatkraft und Finderglück“[7] begann sie die historische Erforschung von Leben und Werk der hl. Hildegard. Ihre größte Entdeckung war, ausgehend vom Mainzer Urkundenbuch Bermersheim bei Alzey als den wahren Geburtsort der hl. Hildegard zu identifizieren. Zusammen mit Sr. Adelgundis widmete sie sich der quellenkritischen Untersuchung der Werke Hildegards. Die Klärung der Echtheitsfrage haben die beiden Mitschwestern in einer Monographie zusammengefasst, die in der Tat „einen Baustein zum Fundament der Hildegardforschung“[8] beitrug, wie die Verfasserinnen es gewünscht hatten.

Bis zum Ende ihres Lebens behielt Sr. Marianna ihre geistige Frische, trotz körperlicher Leiden. Die Mitschwestern, die in der Gemeinschaft mit ihr lebten, erinnerten sich so an sie: „Traditionstreue, volle Gegenwartsbejahung und eine für ihr hohes Alter ungewöhnliche Aufgeschlossenheit für weltweite Probleme charakterisierten ihre gereifte Persönlichkeit.“[9]

Publikationen

  1. Monographien

Heimat und Sippe der deutschen Seherin Sankt Hildegard, Salzburg/Leipzig 1941.

Sankt Hildegards Leben dem Volke erzählt, Mainz 1946, 21949.

(zusammen mit Adelgundis Führkötter OSB): Die Echtheit des Schrifttums der heiligen Hildegard von Bingen. Quellenkritische Untersuchungen, Köln/Graz 1956.

  1. Aufsätze

„Die Heimat und Abstammung der heiligen Hildegard“, in Studien und Mitteilungen zur Geschichte des Benediktinerordens 54 (1936) 199-221.

„Die heilige Hildegard ‚von Vermersheym'“, in Der Katholik. Sonntagsblatt zur Pflege des religiösen Lebens und Fühlens 7/3 (1937) 3.

„Wo ist St. Hildegards Geburtsort?“, in Pastor bonus 48 (1937) 210-214; in St. Georgsblatt 47/37 (1937) 4.

„Zur Heimat- und Familiengeschichte der heiligen Hildegard“, in Studien und Mitteilungen zur Geschichte des Benediktinerordens 57 (1939) 117-133.

„Aus Heimat und Sippe der heiligen Hildegard“, in Die Christliche Frau 38 (1940) 110-112.

„Die heilige Hildegard (1098-1179). Zum 850. Geburtstag der großen Seherin“, in Nassauische Lebensbilder 3, Wiesbaden 1948, 1-34.

„Trithemius und die heilige Hildegard ‚von Bermersheim'“, in Archiv für mittelrheinische Kirchengeschichte 4 (1952) 171-184.

„Bingen, die Stadt der heiligen Hildegard“, in 80 Jahre „Musica sacra“ in Bingen am Rhein, Gau-Algesheim 1952, 23-26.

„‚Eure Wohnstatt wird nicht zerstört werden.‘ Zum 775. Todestag der heiligen Hildegard und zum 50. Gedenktag der Wiedererrichtung ihrer Abtei am 17. September“, in Der Sonntag (Limburg) 1954, Nr. 38, 5.

„Ein Jubeltag in der Abtei St. Hildegard (50. Gedenktag der Wiedererrichtung der Abtei)“, in Erbe und Auftrag. Benediktinische Monatsschrift 31 (1955) 53-57.

„Wibert von Gembloux. Schicksal eines Mönches im 12. Jahrhundert“, in Erbe und Auftrag. Benediktinische Monatsschrift 37 (1961) 381-392.

„Das Kloster der hl. Hildegard in Eibingen“, in 75 Jahre Rheingauerkreis, Rüdesheim 1962, 207-210.

„Die heilige Elisabeth von Schönau. Zu ihrem 800. Todestag, in Archiv für mittelrheinische Kirchengeschichte 17 (1965) 259-261.

„Hildegarde de Bingen (sainte), bénédictine allemande“, in Dictionnaire de spiritualité 7, Paris 1968, 505-521.

  1. Sonstiges

Marianna Schrader: Die Herkunft der heiligen Hildegard, neu bearbeitet von Adelgundis Führkötter (Quellen und Abhandlungen zur mittelrheinischen Kirchengeschichte 43), Mainz 1981.

  1. Unveröffentlicht

Der Convent der hl. Hildegard auf dem Rupertsberg (handgeschrieben).

St. Hildegards letzte Nachfolgerin auf dem Rupertsberg: Anna Lerch von Dürmstein, 1580-1666 (handgeschrieben).

Leben der hl. Hildegard (unvollendetes Konzept).

Die Rechtslage der Kirche in Bermersheim bei Alzey nach ihrer historischen Entwicklung (Maschinenschrift).

Die wiedererrichtete Abtei St. Hildegard, Eibingen. Ihr erstes Jahrhundert (handgeschrieben).

 

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Adelgundis Führkötter OSB (28. September 1905 – 24. Dezember 1991)

Sr. Adelgundis wurde 28. September 1905 in Wattenscheid geboren, in der Taufe erhielt sie den Namen Hedwig. In ihrer Kindheit erfuhr sie die tiefe Religiosität ihrer Mutter, die ihr für das weitere Leben ein Ideal blieb. Nach dem misslungenen Versuch, in der Frauenschule der Franziskanerinnen in Olpe hauswirtschaftliche Kenntnisse zu erwerben, besuchte sie das Gymnasium der Ursulinen in Werl. Daraufhin studierte sie Geographie, Germanistik, Philosophie und Anglistik an den Universitäten in Freiburg, München, Berlin und Münster. Es schlossen sich zwei größere Auslandsreisen nach Rom und London an.

Angezogen von der Liturgie in Maria Laach entschloss sich Sr. Adelgundis für den Eintritt in die Abtei St. Hildegard, der sich am 12. September 1935 erfolgte. Am 28. April 1940 legte sie ihre feierliche Profess ab und empfing die Jungfrauenweihe. Bei der Vertreibung der Nonnen durch die Gestapo am 2. Juli 1941 ging Sr. Adelgundis mit einigen Mitschwestern zusammen in das St. Elisabeth Krankenhaus in Neuwied, 1944 wechselte sie in das Zisterzienserinnenkloster Marienthal in Sachsen. Nach der Rückkehr 1945 beteiligte sie sich am Wiederaufbau des monastischen Lebens und der Renovierung der Klostergebäude.

1948 wurde sie beauftragt, am Werk der hl. Hildegard zu arbeiten. Dabei handelte es sich um die Echtheitsproblematik der hildegardischen Schriften. Die Chronik berichtet: „Zielstrebig und unermüdlich machte sich Sr. Adelgundis ans Werk. Unter der Leitung von Sr. Marianna Schrader und Sr. Maura Böckeler nahm sie Kontakt auf zu allen großen Bibliotheken und Archiven, in denen Handschriften zum Werk Hildegards vermutet wurden. Sie korrespondierte über alle Kontinente mit Wissenschaftlern, die ihr auf ihrem Forscher-Weg mit Rat und Tat zur Seite stehen könnten. All diesen bleib sie lebenslang in treuer Dankbarkeit verbunden und sprach mit großem Respekt von ihnen, wissend, dass sie ihr Lebenswerk niemals ohne ihre Unterstützung hätte fortführen können.“

Durch die zusammen mit Sr. Marianna verfasste Monographie Die Echtheit des Schrifttums der heiligen Hildegard von Bingen wies sich Sr. Adelgundis als eine hervorragende Hildegard-Expertin aus. Auf weitere kleinere Schriften folgte ihr bedeutendes Buch Briefwechsel, der eine Auswahl von den Briefen der hl. Hildegard in deutscher Übersetzung und mit Erläuterungen enthält. Ihr umfangreichstes und am nachhaltigsten bleibendes Werk war die textkritische Ausgabe des Scivias, die sie in Zusammenarbeit mit Sr. Angela erstellte. In den nachfolgenden Jahren veröffentlichte sie zahlreiche kleinere Schriften und führte eine ausgedehnte Korrespondenz mit Wissenschaftlern in aller Welt. Am Vigiltag des Weihnachtsfestes 1991 vollendete sich ihr Leben, das sie vollständig in den Dienst am Werk der hl. Hildegard stellte.

Publikationen (Auswahl)

  1. Edition

Hildegardis Bingensis: Sciuias, ed. Adelgundis Führkötter, collaborante Angela Carlevaris (Corpus Christianorum. Continuatio Mediaeualis 43-43A), Turnhout 1978.

  1. Monographien

(zusammen mit Marianna Schrader OSB): Die Echtheit des Schrifttums der heiligen Hildegard von Bingen. Quellenkritische Untersuchungen, Köln/Graz 1956.

(zusammen mit Hans Ederer): Hildegard – ein Mensch vor Gott. Doppeltonbild, Arbeitsunterlagen und Einzelmeditationen zum Leben Hildegards von Bingen und zur Meditation der Schöpfung, München 1966.

Hildegard von Bingen, Salzburg 1972.

Hildegard af Bingen, oversat af Ruth Plum, Taastrup 1989 [Übersetzung von Hildegard von Bingen, Salzburg 1972].

  1. Aufsätze

„Die Gotteswerke. Vom Sinn und Aufbau des Liber divinorum operum der heiligen Hildegard“, in Benediktinische Monatsschrift 29 (1953) 195-204, 306-314.

„Vrouwe Hiltgart“, in Katholischer Kirchenkalender der Pfarreien des Dekanats Bingen 32 (1953) 9-12.

„Die Eibinger Sciviashandschrift“, in Zeitschrift für Bibliothekswesen und Bibliographie 2 (1955) 146-147.

„Hildegardis- und Abtei-Jubiläum 1954 in Eibingen“, in Katholischer Kirchenkalender der Pfarreien des Dekanats Bingen 34 (1955) 18-19.

„Hildegard von Bingen (1098-1179)“, in Die großen Deutschen, hg. von Hermann Heimpel e.a., Bd. 5, Berlin e.a. 1957, 39-47.

„Sankt Hildegard besingt Mariens Lob“, in Maria siegt. Monatsschrift zur Förderung der Marienverehrung 10 (1961) 66-67.

„Hildegard von Bingen und Bernhard von Clairvaux“, in Heimatjahrbuch Landkreis Bingen 11 (1967) 51-54.

„Hildegard von Bingen. Kosmische Schau“, in Große Gestalten christlicher Spiritualität, hg. von Josef Sudbrack, James Walsh, Würzburg 1969, 135-151.

„Hildegard, die Prophetin“, in Mariastein 19/3-4 (1972) 41-43.

„Hildegard von Bingen als Lehrmeisterin“, in Heimatjahrbuch Landkreis Mainz-Bingen 18 (1974) 147-150.

„Mensch, Natur, Zeit: Zur Mystik der Hildegard von Bingen“, in Christ in der Gegenwart 30 (1978) 296.

„Hildegard von Bingen. Leben und Werk“, in Hildegard von Bingen 1179-1979, Festschrift zum 800. Todestag der Heiligen, hg. von Anton Ph. Brück, Mainz 1979, 31-54.

„Hildegard von Bingen und ihr Werk Scivias: 14 Miniaturen“, in Bilder der Gegenwart 32 (1979) 3ff.

„Hildegard von Bingen und ihre Beziehungen zu Trier“, in Paulinus. Trierer Bistumsblatt 105/37 (1979) 16-18.

„Gelebte Spiritualität. Hildegard von Bingen (1098-1179)“, in Heute. Zeitschrift vinzentinischer Gemeinschaften (1979) 19-21.

„Wie Hildegard von Bingen betete“, in Geist und Leben 52 (1979) 324-335.

„Posaunenton lebendigen Lichtes: Hildegard von Bingen als Prophetin“, in Christ in der Gegenwart 31 (1979) 305-306.

„Das Jubiläumsjahr der heiligen Hildegard von Bingen“, in Erbe und Auftrag. Benediktinische Monatsschrift 55 (1979) 466-469.

„Die heilige Hildegard und das Interdikt“, in Der Sonntag (Limburg) 33/49 (1979) 10.

„Die Benediktinerinnenabtei St. Hildegard zu Eibingen. Das erste Frauenkloster der Beuroner Kongregation auf deutschem Boden und seine Bedeutung für die Hildegardforschung“, in Archiv für mittelrheinische Kirchengeschichte 32 (1980) 135-146.

„Hildegard von Bingen – betende Frau“, in Titlis-Grüsse 66 (1980) 137-142.

„Hildegard von Bingen. Ein Lebensbild“, Eibingen o.J. [1980].

„Beziehungen zwischen dem St. Marienkrankenhaus und der Abtei St. Hildegard Eibingen“, in St. Marienkrankenhaus Frankfurt am Main 1907-1982, Festschrift, Frankfurt am Main 1982, 41-42.

„Das Spiel der Kräfte. Ein Stück der heiligen Hildegard“, in Christ in der Gegenwart 34 (1982) 268.

„Zum Stand der Hildegard-Forschung. Festvortrag anlässlich des 65. Geburtstages von Prof. Dr. Heinrich Schipperges in der Heidelberger Akademie der Wissenschaften“, in Medizinische Anthropologie, hg. von Eduard Seidler, Berlin u.a. 1984, 11-16.

(zusammen mit Josef Sudbrack): „Hildegard von Bingen (1098-1179)“, in Große Mystiker. Leben und Wirken hg. von Gerhard Ruhbach, Josef Sudbrack, München 1984, 122-141.

„Hildegard von Bingen. Das Schauen Gottes“, in Dienender Glaube 60 (1984) 285-286.

„Hildegard von Bingen (1098-1179)“, in Rheinische Lebensbilder, Bd. 10, Köln 1985, 7-30.

„Una donna straordinaria. Ildegarda di Bingen“, in Monastica 26 (1985) 1-13.

„Hildegard von Bingen und ihre Beziehungen zu Trier“, in Kurtrierisches Jahrbuch 25 (1985) 61-72.

„Hildegard von Bingen vor dem unfassbaren Gott“, in Dienender Glaube 62 (1986) 177-178.

„Die Abtei St. Hildegard zu Eibingen, das Mutterkloster des neuen Priorats Marienrode“, in Marienrode. Gegenwart und Geschichte eines Klosters, hg. von Wilfried Meyer, Hildesheim 1988, 20-27.

„Die heilige Hildegard (1098 bis 1179)“, in Bingen. Geschichte einer Stadt am Mittelrhein. Vom frühen Mittelalter bis zum 19. Jahrhundert, hg. von Helmut Mathy, Mainz 1989, 217-234.

„Hildegard von Bingen und Bernhard von Clairvaux“, in Rheingau-Taunus-Heimatbrief mit Rheingauer-Riesling-Kurier 4 (1990) 14-15.

„Kloster Eberbach und Hildegard von Bingen“, in Rheingau-Taunus-Heimatbrief. Zeitschrift für Geschichte, Kultur, Wein und Tourismus 4/2 (1990) 15.

„Hildegard von Bingen. Ein Lebensbild“, Eltville o.J.

  1. Übersetzungen

Hildegard von Bingen: Briefwechsel, nach den ältesten Handschriften übersetzt und nach den Quellen erläutert von Adelgundis Führkötter OSB, Salzburg 1965, 21990.

Das Leben der heiligen Hildegard von Bingen. Vita S. Hildegardis auctoribus Godefrido et Theodorico monachis, herausgegeben, eingeleitet und übersetzt von Adelgundis Führkötter OSB (Heilige der ungeteilten Christenheit 18), Düsseldorf 1968.

Das Leben der heiligen Hildegard von Bingen, berichtet von dem Mönchen Gottfried und Theoderich, aus dem Lateinischen übersetzt und kommentiert von Adelgundis Führkötter OSB (2. Auflage), Salzburg 1980.

Hildegard von Bingen: Lieder, nach den Handschriften herausgegeben von Pudentiana Barth OSB, Maria Immaculata Ritscher OSB, Joseph Schmidt-Görg, übersetzt und kommentiert von Adelgundis Führkötter OSB, Salzburg 1969.

Josef Sudbrack: „Hildegard von Bingen: Hymnus an die Kirche“, übersetzt von Adelgundis Führkötter OSB, in Geist und Leben 52 (1979) 321-323 [O coruscans lux stellarum]

Hildegard von Bingen: Lieder, hg. von Silvia Sager, übersetzt von Adelgundis Führkötter OSB, Zürich 1996.

Hildegard von Bingen: „Nun höre und lerne, damit du errötest …“. Briefwechsel, nach den ältesten Handschriften übersetzt und nach den Quellen erläutert von Adelgundis Führkötter OSB, Freiburg e.a. 1997.

  1. Lexikonartikel

„Hildegardis-Kodex Scivias“, in Kinlders Malerei-Lexikon, Bd. 3, Köln 1977, 166-168.

(zusammen mit Maria Immaculata Ritscher): „Hildegard von Bingen“, in Das große Lexikon der Musik in acht Bänden, Bd. 4, Freiburg e.a. 1981, 90.

  1. Sonstiges

Hildegard von Bingen: Der Mensch in der Verantwortung. Das Buch der Lebensverdienste (Liber Vitae Meritorum), nach den Quellen übersetzt und erläutert von Heinrich Schipperges, Geleitwort von Adelgundis Führkötter, Salzburg 1972.

Adelgundis Führkötter: Les Miniatures du Scivias – La connaissance des voies – de Sainte Hildegarde de Bingen, tirées du codex Rupertsberg, texte français de N. N. Huyghebaert OSB (Armaria Patristica et Mediaevalia 1), Turnhout 1977.

Adelgundis Führkötter: The Miniatures from the Book Scivias – Know the Ways – of St. Hildegard of Bingen from the illuminated Rupertsberg codex, English version by Fr. Hockey OSB (Armaria Patristica et Mediaevalia 1), Turnhout 1977.

Adelgundis Führkötter: De Miniaturen van het boek Scivias – ken de wegen – van de heilige Hildegard van Bingen uit de verluchte prachtkodex van Rupertsberg, Nederlandse tekst Dom Petrus van Aalst OSB (Armaria Patristica et Mediaevalia 1), Turnhout 1977

Marianna Schrader: Die Herkunft der heiligen Hildegard, neu bearbeitet von Adelgundis Führkötter (Quellen und Abhandlungen zur mittelrheinischen Kirchengeschichte 43), Mainz 1981.

Hildegard von Bingen: Quellen des Heils. Textauswahl, hg. von Adelgundis Führkötter OSB, Salzburg 1982.

Kosmos und Mensch aus der Sicht Hildegards von Bingen, hg. von Adelgundis Führkötter OSB (Quellen und Abhandlungen zur Mittelrheinischen Kirchengeschichte 60), Mainz 1987.

angela

Angela Carlevaris OSB (21. Juni 1921 – 17. November 2015)

In Fiume (Rijeka), der damaligen freien Grenzstadt zwischen Italien und Kroatien, geboren, lernte Sr. Angela, mit Taufnamen Gigliola Aloysia, von früher Kindheit an die Vielfalt der Religionen, Sprachen und Kulturen kennen. Die Offenheit und das Interesse für das „andere“ bewahrte sie für ihr ganzes Leben lang. Zum Studium der slawischen Sprachen ging sie nach Padua, 1941 wechselte sie jedoch zum Studium der Altphilologie, das sie 1944 mit der Promotion in griechischer Geschichte abschloss. Im selben Jahr trat sie in den Konvent der Sacré-Coeur-Schwestern in Florenz ein. Nach ihrer feierlichen Profess wurde sie Lehrerin und später Studiendirektorin an dem Mädchengymnasium.

1969 wurde Sr. Angela in den Konvent nach Rom versetzt. In den unruhigen Zeiten nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil reifte in ihr die Entscheidung, sich klösterlich neu zu orientieren. Durch die Vermittlungen eines Mönches aus Maria Laach lernte Sr. Angela die Abtei St. Hildegard in Deutschland kennen und wurde am 6. Dezember 1970 dort aufgenommen. Zwei Jahre später, am 6. August 1972, übertrug sie ihre Gelübde auf die Abtei in Eibingen.

Bald begann sie die Arbeit mit Sr. Adelgundis Führkötter an der Edition des Scivias, die 1978 als die erste kritische Textausgabe von Hildegard im Verlag Brepols erschien. 1995 legte Sr. Angela nach jahrelanger beharrlicher Arbeit die kritische Edition des Liber vitae meritorum vor. Sr. Angela setzte sich auch dafür ein, die Kenntnisse von Leben und Werk der hl. Hildegard in Italien zu verbreiten und zu fördern. Dazu verbrachte sie immer wieder längere Zeiten in Mailand, wo sie an der Gründung des Hildegard-Studienzentrums, „Centro Studi St. Ildegarda“, maßgeblich beteiligt war.

Unbemerkt von der Außenwelt verlor Sr. Angela ab März 2002 ihr Sehvermögen. Selbst die zwei Augenoperationen konnten ihre Erblindung nicht mehr aufhalten. Im vollen Besitz ihrer geistigen Kräfte musste sie 2003 ihre wissenschaftliche Tätigkeit aufgeben. Sie ertrug ihre Situation tapfer und war bis zu ihren letzten Tagen erfüllt von Dankbarkeit und Heiterkeit. Ihre wissenschaftliche Kompetenz, mit der sie auch in den Jahren ihrer Blindheit vielen Wissenschaftlern half, bleibt ebenso unvergesslich wie ihr temperamentvolles fröhliches Wesen und ihre positive Einstellung zum Leben.

Herr Professor Dr. Michael Embach (Trier), mit der Sr. Angela in gegenseitiger Wertschätzung bis zu ihrem Tod verbunden war, würdigt in seinem wissenschaftlichen Nachruf die Bedeutung unserer lieben Mitschwester für die Hildegard-Forschung.

 

Publikationen

  1. Editionen

Hildegardis Bingensis: Sciuias, ed. Adelgundis Führkötter, collaborante Angela Carlevaris (Corpus Christianorum. Continuatio Mediaeualis 43-43A), Turnhout 1978.

Hildegardis Bingensis: Liber uite meritorum, ed. Angela Carlevaris (Corpus Christianorum. Continuatio Mediaeualis 90), Turnhout 1995.

Ildegarda di Bingen: Il centro della ruota. Spiegazione della Regola di San Benedetto (testo lattino a fronte), Traduzione e introduzione a cura di Angela Carlevaris, con un saggio di Patricia Alloni, Milano 1997.

  1. Monographien

Das Werk Hildegards von Bingen im Spiegel des Skriptoriums von Trier St. Eucharius (Mitteilungen und Verzeichnisse aus der Bibliothek des Bischöflichen Priesterseminars zu Trier 12), Trier 1999.

Die Vision der heiligen Hildegard von Bingen in der Vita Juttae (Mitteilungen und Verzeichnisse aus der Bibliothek des Bischöflichen Priesterseminars zu Trier 18), Trier 2003.

  1. Aufsätze

„De S. Hildegarde abbatissa (+ 1179)“, in Vox latina 15 (1979) 205-207.

„Scripturas subtiliter inspicere subtiliterque excribrare“, in Tiefe des Gotteswissens. Schönheit der Sprachgestalt bei Hildegard von Bingen, Internationales Symposium in der Katholischen Akademie Rabanus Maurus, Wiesbaden-Naurod vom 9.-12. September 1994, hg. von Margot Schmidt (Mystik in Geschichte und Gegenwart I 10), Stuttgart-Bad Cannstatt 1995, 29-48.

„Hildegard von Bingen. Urbild einer Benediktinerin?“, in Hildegard von Bingen. Prophetin durch die Zeiten, hg. von Edeltraud Forster, Freiburg/Basel/Wien 1997, 87-108.

„Ildegarda e la Patristica“, in Hildegard of Bingen. The Context of her Thought and Art, ed. by Charles Burnett, Peter Dronke (Warburg Institut Colloquia 4), London 1998, 65-80.

„Sie kamen zu ihr, um sie zu befragen. Hildegard und die Juden“, in Hildegard von Bingen in ihrem historischen Umfeld, Internationaler wissenschaftlicher Kongress zum 900jährigen Jubiläum 13.-19. September 1998, Bingen am Rhein, hg. von Alfred Haverkamp, Mainz 2000, 117-128.

„Hildegard von Bingen (1098-1179)“, in Dizionario Interdisziplinare di Scienza e Fede. Cultura scientifica, filosofia e teologia, a cura di Giuseppe Tanzella-Nitti, Alberto Strumia, 2 Bde., Rom 2002, 1846-1853.

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Maura Zátonyi OSB (*2. November 1974)

Geboren in Szombathely (Ungarn), absolvierte Sr. Maura, mit Taufnamen Éva, 1993-1999 in der Hauptstadt Budapest ihr Studium der Klassischen Philologie. Zugleich trat sie 1994 in die Zisterzienserinnenabtei Kismaros ein, wo sie 1997 ihre zeitliche Profess ablegte. Bei einem zunächst für ein Jahr geplanten Aufenthalt in der Abtei St. Hildegard entschied sie sich 1999 für das benediktinische Leben in Eibingen. Dort erhielt sie den Namen Maura, der sie zu einem Auftrag wurde. 2004 legte sie ihre feierliche Profess ab. Da sie die Kenntnisse der klassischen Sprache mitbrachte, wurde sie unter Sr. Angela Carlevaris in die Hildegard-Forschung eingeführt. Ihre Äbtissin, Mutter Clementia Killewald, schickte sie 2007 nach Mainz, wo Sr. Maura 2011 bei Frau Professor Dr. Mechthild Dreyer über die Schrifthermeneutik bei Hildegard in Philosophie promoviert wurde. Wenige Wochen nach ihrer Rückkehr erhielt sie im April 2011 den Auftrag, in der Kommission zur Vorbereitung der Heiligsprechung und Erhebung Hildegards zur Kirchenlehrerin mitzuarbeiten. Zusammen mit Herrn Professor Dr. Rainer Berndt SJ erarbeitete sie die theologischen Gutachten, die die zentralen Kapitel der Positio super canonizatione ac ecclesiae doctoratu bildeten. 2012-2106 studierte Sr. Maura Theologie an der Philosophisch-Theologischen Hochschule Sankt Georgen (Frankfurt am Main), wo sie 2011-2015 gleichzeitig den Lehrauftrag in der Geschichte der Philosophie im Mittelalter erhielt. 2012-2013 war sie an der Konzeption un der Durchführung des internationalen und interdisziplinären Symposiums „Unversehrt und unverletzt. Hildegards von Bingen Menschenbild und Kirchenverständnis heute“ beteiligt, das die Abtei zusammen mit dem Hugo von Sankt Viktor-Institut (Frankfurt am Main), namentlich mit Professor Dr. Rainer Berndt SJ, 2013 im Erbacher Hof in Mainz veranstaltete. Neben ihrer Vortragstätigkeit gilt Sr. Mauras Einsatz der Übersetzung und der philosophisch-theologischen Erschließung der Werke Hildegards, sie befasst sich aber mit dem größeren Horizont des hildegardischen Lebenswerkes, indem sie sich auch der Erforschung der benediktinischen Ordensgeschichte im Frühmittelalter widmet.

 

Publikationen

Stand: September 2016

  1. Monographien

Vidi et intellexi. Die Schrifthermeneutik in der Visionstrilogie Hildegards von Bingen (Beiträge zur Geschichte der Philosophie und Theologie des Mittelalters. Neue Folge 76), Münster 2012.

(mit Rainer Berndt SJ): Glaubensheil. Wegweisung ins Christentum gemäß der Lehre Hildegards von Bingen (Erudiri Sapientia 10), Münster 2013.

  1. Aufsätze

„Gotteskräfte. Über die Tugenden bei Hildegard von Bingen“, in Erbe und Auftrag 84 (2008) 246-262.

(mit Stefan Albrecht): „Die Visionen Hildegards und der Disibodenberg. Bergdarstellungen in Vita S. Disibodi und Scivias“, in Als Hildegard noch nicht in Bingen war. Der Disibodenberg – Archäologie und Geschichte, hg. von Falko Daim und Antje Kluge-Pinsker, Regensburg/Mainz 2009, 173-181.

„Lebendige Ordnung. Über die Disziplin nach Hildegard von Bingen“, in Erbe und Auftrag 86 (2010) 154-171.

„Einführung“, in Hildegard von Bingen: Wisse die Wege – Liber Scivias. Eine Schau von Gott und Mensch in Schöpfung und Zeit, Neuübersetzung von Mechthild Heieck, hg. von der Abtei St. Hildegard, Rüdesheim/Eibingen, Beuron 2010, 6-13.

„»Die Gabe tiefsinnender Schriftauslegung.« Schriftverständnis durch Bildhermeneutik: Der Beitrag Hildegards von Bingen zu neuen Deutungsmustern der Bibel“, in Theologie und Glaube 103 (2013) 280-294.

„Christozentrische Anthropologie. Eine Studie zur modellhaften Schriftauslegung Hugos von Saint-Victor und Hildegards von Bingen“, in Wort Gottes. Die Offenbarungsreligionen und ihr Schriftverständnis, hg. von Josef Rist in Verbindung mit Christof Breitsameter (Theologie im Kontakt. Neue Folge 1), Münster 2013, 85-114.

„Kirchbauten, Buchstaben, Theologie. Die dreifache Rezeption des Rupertsberger SCIVIAS-Kodex“, in Erbe und Auftrag 90 (2014) 152-169.

„Hugo von Saint-Victor (+ 1141). Ordnung und Methode der Schriftauslegung“, in Studienbuch Hermeneutik. Bibelauslegung durch die Jahrhunderte als Lernfeld der Textinterpretation. Portraits – Modelle – Quellentexte, hg. von Susanne Luther und Ruben Zimmermann, Gütersloh 2014, 120-126 und 345-347.

„Hildegard von Bingen (1098-1179). Prophetie als Schriftauslegung“, in Studienbuch Hermeneutik. Bibelauslegung durch die Jahrhunderte als Lernfeld der Textinterpretation. Portraits – Modelle – Quellentexte, hg. von Susanne Luther und Ruben Zimmermann, Gütersloh 2014, 127-135 und 348-351.

„Der Mensch in der Mitte der Schöpfung. Christozentrische Dimensionen in der Anthropologie und der Kosmologie Hildegards von Bingen“, in Gießener Hochschulgespräche und Hochschulpredigten der ESG 25 (WS 2013-2014), Sonderausgabe Hildegard von Bingen, 9-23.

„Tempus praesens. Benediktinische Entwürfe aus dem 12. Jahrhundert über das Verhältnis des Menschen zur Zeit“, in Unversehrt und unverletzt. Hildegards von Bingen Menschenbild und Kirchenverständnis heute, hg. von Rainer Berndt in Verbindung mit Maura Zátonyi OSB (Erudiri Sapientia 12), Münster 2015, 99-120.

(mit Rainer Berndt SJ): „Leitlinien“, in Unversehrt und unverletzt. Hildegards von Bingen Menschenbild und Kirchenverständnis heute, hg. von Rainer Berndt in Verbindung mit Maura Zátonyi OSB (Erudiri Sapientia 12), Münster 2015, 15-22.

„Rectissima norma vitae humanae. Christusgelehrsame Schriftauslegung in der vita religiosa – eine Erkundung der Handschriften mit der Regula Benedicti in der Bibliothek der Pariser Abtei Saint-Victor“, in Diligens scrutator sacri eloquii. Beiträge zur Exegese- und Theologiegeschichte des Mittelalters, Festschrift für Rainer Berndt SJ zum 65. Geburtstag, hg. von Hanns-Peter Neuheuser, Ralf M. W. Stammberger, Matthias M. Tischler zusammen mit Christiane Storeck (Archa Verbi. Subsidia 14), Münster 2016, 311-349.

  1. Übersetzungen

Hildegard von Bingen: Die Auslegung der Regel Benedikts. Explanatio Regulae Benedicti (Mitteilungen und Verzeichnisse aus der Bibliothek des Bischöflichen Priesterseminars zu Trier, hg. von Michael Embach 17), Trier 2003. [Aus dem Lateinischen ins Deutsche übertragen]

Császár István, Soós Viktor Attila: Der ungarische Tarsitius. Das Leben und Martyrium von János Brenner, Kőszeg (Ungarn) 2005. [Aus dem Ungarischen ins Deutsche übertragen]

Hildegard von Bingen: Das Buch der Lebensverdienste. Liber vitae meritorum, übersetzt und eingeleitet von Maura Zátonyi OSB, hg. von der Abtei St. Hildegard, Rüdesheim / Eibingen (Hildegard von Bingen. Werke 7), Beuron 2014. [Aus dem Lateinischen ins Deutsche übertragen]

Hildegard von Bingen: Über die Regel des heiligen Benedikt. De Regula Sancti Benedicti, übersetzt und eingeleitet von Maura Zátonyi OSB, in Hildegard von Bingen: Katechesen – Kommentare – Lebensbilder. Opera minora, hg. von der Abtei St. Hildegard, Rüdesheim / Eibingen (Hildegard von Bingen. Werke 9), Beuron 2015, 130-156. [Aus dem Lateinischen ins Deutsche übertragen]

Hildegard von Bingen: Prophetisches Vermächtnis. Testamentum propheticum, übersetzt und eingeleitet von Maura Zátonyi OSB, hg. von der Abtei St. Hildegard, Eibingen (Hildegard von Bingen. Werke 10), Beuron 2016 (im Druck). [Aus dem Lateinischen ins Deutsche übertragen]

„Interview mit Karl Rahner (1967)“, aus dem Ungarischen übersetzt von Maura ZÁTONYI OSB, in Karl Rahner: Sämtliche Werke, Bd. 31, hg. von Karl Lehmann, Johann Baptist Metz, Albert Raffelt und Andreas R. Batlogg SJ, Freiburg e.a. (im Druck).

Karl Rahner: „Wo ist die Grenzlinie? Karl Rahner über die schweren und die läßlichen Sünden sowie die heutige Beichtpraxis“, aus dem Ungarischen übersetzt von Maura ZÁTONYI OSB [Abdruck in deutscher Übersetzung], in Karl Rahner: Sämtliche Werke, Bd. 31, hg. von Karl Lehmann, Johann Baptist Metz, Albert Raffelt und Andreas R. Batlogg SJ, Freiburg e.a. (im Druck).

  1. Buchbesprechungen

Boyd Taylor Coolman: The Theology of Hugh of St. Victor. An Interpretation, Cambridge 2010, X-247 S., in Francia-Recensio, 2012-2, Mittelalter – Moyen Âge (500-1500)

URL: http://www.perspectiva.net/content/publikationen/francia/francia-renecio/2012-2-1/MA/coolman_zatonyi, Zugriff vom 21. Juli 2012.

Joachim Ehlers: Otto von Freising. Ein Intellektueller im Mittelalter, München 2013, 383 S., in Theologie und Philosophie 89 (2014) 604-606.

Marco Rainini: Corrado di Hirsau e il „Dialogus de cruce.“ Per la ricostruzione del profilo di un autore monastico del XII secolo, Firenze 2014, XXVI + 436 S., 10 Tafeln, in Theologie und Philosophie 91 (2016) 297-299.

Michael Estler: Rigans montes (Ps 104,13). Die Antrittsvorlesung des Thomas von Aquin in Paris 1256 (Stuttgarter Biblische Beiträge 73), Stuttgart 2015, 415 S., in Theologie und Philosophie (im Druck).

  1. Sonstiges

Geschaut im lebendigen Licht. Die Miniaturen des Liber Scivias der Hildegard von Bingen, erklärt und gedeutet von Sr. Hiltrud Gutjahr OSB und Sr. Maura Zátonyi OSB, mit einer Kunsthistorischen Einführung von Lieselotte Saurma-Jeltsch, hg. von der Abtei St. Hildegard, Rüdesheim/Eibingen, Beuron 2011.

 

[1] Vgl. Führkötter 1980, S. 145.

[2] Lehmann 2015, S. 375.

[3] Siehe dazu Berndt/Zátonyi 2013, S. 15-17.

[4] Führkötter 1980, S. 140.

[5] Führkötter 1980, S. 140.

[6] Chronik im Archiv der Abtei St. Hildegard.

[7] Führkötter 1980, S. 144.

[8] Vgl. Schrader/Führkötter 1956, S. IX.

[9] Vgl. Chronik im Archiv der Abtei St. Hildegard.

Von Prof. Michael Embach, Trier

Am 17. November 2015 ist Schwester Angela Carlevaris OSB, langjähriges Mitglied des Konventes der Abtei St. Hildegard Eibingen und bedeutende Erforscherin des Lebens und Werkes Hildegards von Bingen, im gesegneten Alter von 94 Jahren verstorben.

Schwester Angela wurde am 21. Juni 1921 in der heute zu Kroatien gehörenden Stadt Rijeka (ital./ungar. Fiume) unter ihrem bürgerlichen Namen Giliola Aloysia Carlevaris geboren.

In Padua absolvierte Schwester Angela ein Studium der slawischen Sprachen, dem sich ein Studium der Altphilologie anschloss. Im Jahre 1944 wurde sie an der Universität Padua mit einer Arbeit über Herodot promoviert.

Im gleichen Jahr, am 23. Februar 1944, trat Schwester Angela in Florenz dem Konvent der Société du Sacré-Coeur-Schwestern bei. Die feierliche Profess fand am 28. Oktober 1946 statt. Schwester Angela übernahm Aufgaben in der Leitung des Gymnasiums sowie, von 1954 bis 1969, im Provinzialrat der Ordensgemeinschaft. Im Jahr 1969 wechselte sie in den Konvent Trinità dei Monti nach Rom. Hier bekleidete sie das Amt der Stellvertretenden Oberin.

Schwester Angelas Eintritt in die Abtei St. Hildegard Eibingen fiel auf den 29. September 1970. Knapp zwei Jahre später, am 6. August 1972, erfolgte die Übertragung der Gelübde auf das neue Heimatkloster.

Seit ihrem Eintritt in die Abtei St. Hildegard Eibingen hat Schwester Angela sich mit großer Beharrlichkeit der wissenschaftlichen Erforschung von Person und Werk Hildegards von Bingen gewidmet. Sie setzte hierbei das Werk bedeutender Forscherinnen aus der Abtei St. Hildegard fort, unter denen die Namen von Maura Böckeler, Marianna Schrader und Adelgundis Führkötter genannt seien. Als rechte Hand von Schwester Adelgundis Führkötter war Schwester Angela an der Erstellung der historisch-kritischen Edition des Scivias, Hildegards erster Visionsschrift, beteiligt. Der Text konnte 1978 als zweibändige Ausgabe (Bd. 43/43A) in der renommierten Reihe des Corpus Christianorum. Continuatio mediaevalis erscheinen. Die Abtei St. Hildegard veranstaltete aus diesem Anlass ein wissenschaftliches Symposion.

Die historisch-kritische Edition der zweiten Visionsschrift Hildegards von Bingen, des Liber vitae meritorum, lag ganz in Händen von Schwester Angela. Nach zahlreichen Bibliotheksreisen und basierend auf einer jahrelangen philologischen Forschungsarbeit wurde der Text im Jahre 1995 als Band 90 des Corpus christianorum. Continuatio mediaevalis veröffentlicht. Wichtige Beiträge leistete Schwester Angela für die Vermittlung von Hildegards Werk nach Italien. Längere Zeit hielt sie sich in Mailand auf, um bei der Übersetzung des Liber vitae meritorum ins Italienische behilflich zu sein. Die Übersetzung erschien 1998 in Mailand unter dem Titel Ildegarda di Bingen, Come per lucido specchio: Libro di meriti di vita, a cura di Luisa Ghiringhelli. Die Gründung der herausgebenden Körperschaft, des Centro Studi St. Ildegarda, ging auf eine Initiative Schwester Angelas zurück. Sie selbst gehörte lange Zeit dem Vorstand des Studienzentrums an. Auch Hildegards von Bingen Kommentar zur Regula Benedicti machte Schwester Angela in Italien bekannt. Das gemeinsam mit Patrizia Alloni erstellte Werk erschien in zwei Auflagen, 1994 beim Centro Studi St. Ildegarda und 1997 bei der Assoziatione Culturale Mimesis. Neben der Einleitung steuerte Schwester Angela zu dieser Publikation die historisch-kritische Edition des lateinischen Originaltextes bei.

Als Früchte einer lebenslangen Beschäftigung mit Hildegard von Bingen hat Schwester Angela zahlreiche Veröffentlichungen vorgelegt, die für die internationale Hildegardforschung von fundamentaler Bedeutung wurden. Sie seien an dieser Stelle ­ ohne Anspruch auf Vollständigkeit ­ kurz aufgeführt:

  • De S. Hildegarde abbatissa (+ 1179). In: Vox latina 15 (1979), S. 205-207.
  • Scripturas subtiliter inspicere subtiliterque excribrare. In: Tiefe des Gotteswissens ­ Schönheit der Sprachgestalt bei Hildegard von Bingen. Internationales Symposion in der Katholischen Akademie Rabanus Maurus Wiesbaden-Naurod vom 9. bis 12. September 1994. Hrsg. von Margot Schmidt. Stuttgart-Bad Cannstatt 1995, S. 29-48.
  • Hildegard von Bingen ­ Urbild einer Benediktinerin? In: Hildegard von Bingen. Prophetin durch die Zeiten. Zum 900. Geburtstag. Hrsg. von Äbtissin Edeltraud Forster und dem Konvent der Benediktinerinnenabtei St. Hildegard, Eibingen. Freiburg i. Br. (u. a.) 1997, S. 87-108.
  • Ildegarda di Bingen, Centro della ruota. Spiegazione della regola di San Benedetto. Traduzione e introduzione a cura di Angela Carlevaris con un saggio di Patrizia Alloni. Milano 1994/1997.
  • Ildegarda e la Patristica. In: Hildegard of Bingen. The Context of her Thought and Art. (Warburg Institute Colloquia, Vol. 4). Ed. Charles Burnett and Peter Dronke. London 1998, S. 65-80.
  • Das Werk Hildegards von Bingen im Spiegel des Skriptoriums von Trier-St. Eucharius. (Mitteilungen und Verzeichnisse aus der Bibliothek des Bischöflichen Priesterseminars zu Trier, Bd. 12). Trier 1999.
  • Sie kamen zu ihr, um sie zu befragen: Hildegard und die Juden. In: Hildegard von Bingen in ihrem historischen Umfeld. Internationaler wissenschaftlicher Kongreß zum 900jährigen Jubiläum, 13.-19. September 1998, Bingen am Rhein. Hrsg. von Alfred Haverkamp. Mainz 2000, S. 117-128.
  • Hildegard von Bingen (1098-1179). In: Dizionario Interdisziplinare di Scienza e Fede, Cultura scientifica, Filosofia e Teologia. Ed. Guiseppe Tanzanella-Nitti / Alberto Strumia. Bd. 2. Rom 2002, S. 1846-1853.
  • Die Vision der heiligen Hildegard von Bingen in der Vita Juttae. (Mitteilungen und Verzeichnisse aus der Bibliothek des Bischöflichen Priesterseminars zu Trier, Bd. 18). Trier 2003.

Das außergewöhnlich fruchtbare wissenschaftliche Schaffen Schwester Angelas erfuhr eine tiefe Zäsur durch die am 4. März 2002 eingetretene Erblindung der großen Forscherin. Doch hat Schwester Angela dieses schwere Schicksal mit der ihr eigenen Ergebenheit angenommen und getragen. Wie bereits in den Jahren zuvor blieb sie auch nach der Erblindung eine allseits geschätzte, weltweit geachtete Autorität in sämtlichen Fragen, die das Leben und das Werk Hildegards von Bingen betrafen. Vielen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, die ihren Rat und ihre Meinung suchten, bleibt Schwester Angela in lebendiger Erinnerung als eine äußerst liebenswürdige, stets bereitwillig Auskunft erteilende Stimme, deren Klang Achtung und hohe Wertschätzung genoss. Dass Schwester Angela zudem auf eine vornehme, doch manifeste Weise Zeugnis ablegte vom monastisch-benediktinischen Erbe im Werk Hildegards von Bingen, gehört ohne Zweifel zu den besonderen Vorzügen ihrer wissenschaftlichen Laufbahn.

Es muss Schwester Angela eine tiefe innere Freude bereitet haben, zusammen mit dem gesamten Konvent der Abtei St. Hildegard erleben zu dürfen, dass Papst Benedikt XVI. Hildegard von Bingen, ihre hoch verehrte „magistra“, im Jahre 2012 zunächst heiliggesprochen und bald darauf zur Kirchenlehrerin erhoben hat.

Die internationale Hildegard-Forschung verneigt sich in tiefem Respekt, in Dankbarkeit und Anerkennung vor Schwester Angela Carlevaris, der großen Vermittlerin und Deuterin Hildegards von Bingen.