Das Mysterium des Gebets
„Wenn ich rufe, erhöre mich, Gott, du mein Retter!
Du hast mir Raum geschaffen als mir Angst war.
Sei mir gnädig und erhöre mein Flehen.“ Ps 4, 2
Der menschliche Akt, den wir „Gebet“ nennen, das Sprechen des Menschen zu Gott und die empfängliche und manchmal wortlose Offenheit für Gottes Wort an uns, hat viele Aspekte:
Menschliche Aspekte, die sich nach Gesetzmäßigkeiten des Menschseins vollziehen, und die man mittels der Humanwissenschaften wie der Anthropologie und Psychologie betrachten kann, aber auch Aspekte, die den Menschen übersteigen. Sie haben mit dem Gesprächspartner Gott zu tun und sind ein Mysterium, dem wir uns nur in ehrfürchtiger Scheu nähern können. Immer aber werden wir vor einem Geheimnis stehen, das größer ist als wir.
Das Gebet ist ein menschlicher Akt, vor allem aber eine Gabe Gottes, ein gnadenvolles Geschehen, eine Erschließung des Mysteriums von Gottes Nähe. Das Gebet ist das Herz einer jeden Religion. Jeder wirkliche Gottesdienst kennt und übt das Gebet, hat eine Gebetserfahrung, hat auch eine Gebetstradition, die einen Menschen lehrt, wie er zu Gott beten soll, wie er sich für die Welt Gottes öffnen und wie er sich voll Vertrauen auf den Weg zu einer Begegnung mit Gott machen kann.
Gebet ist – genau genommen – bewusste Offenheit für das Geheimnis der Nähe Gottes. Ein Leben, das gezeichnet und „durchatmet“ von Gebet ist, nennt die Schrift „Wandel vor dem Angesicht Gottes“. Dem alten Mönchtum war die „Memoria Dei“ wichtig: mit dem Herzen in allem Tun und Lassen bei Gott sein. Es gibt nämlich ein sehr enges Band zwischen dem Gebet und dem Alltagsleben: beides ist miteinander verwoben, existiert nicht nebeneinander. Wenn das Tun nicht den Charakter einer gottesdienstlichen Handlung hat, wenn es nicht „Tora“ ist, ein Handeln nach dem Willen Gottes, hat das Gebet keinen Nährboden, um zu gedeihen, dann sind die Worte unwahr und man betrügt sich selbst. Vor allem das Judentum hat immer vom Gebet verlangt, dass es im Leben verwurzelt sein muss, in der Wahrhaftigkeit des Lebens, wenn es selbst wahrhaftig sein soll. Jesus spricht dies an, wenn er sagt: „Nicht jeder, der zu mir sagt: „Herr! Herr! wird in das Himmelreich kommen, sondern nur, wer den Willen meines Vaters im Himmel erfüllt.“
Gebet, in dem sich nicht das Leben des Alltags widerspiegelt, läuft Gefahr, in Scheinheiligkeit zu versanden. Und andererseits ist aufrichtiges gottesdienstliches Handeln auch ein Gebet in Form einer Tat. Gebet hat zu tun mit einer Weise, zu leben, ist selbst auch eine Weise des Lebens: es ist, die Welt in Gottes Licht sehen, sich Gottes Gesichtspunkt zu eigen machen. Es ist Leben auf einer Ebene, auf der man Gespür für die Tiefendimension aller Dinge bekommt und entdeckt, dass alles mit Gott zu tun hat. Es geht darum, den Sinn für Gottes Anwesenheit zu wecken, in allem, was der Geist in unserem Leben zulässt.
In dem Buch „Der Mensch fragt nach Gott“, sagt Abraham Heschel: „Religion ist nicht, was ein Mensch in seiner Einsamkeit tut. Religion ist, was der Mensch mit der Gegenwart Gottes tut. Und der Geist Gottes ist gegenwärtig, wann immer wir bereit sind, ihn zu empfangen.“
Wenn es ums Gebet geht, so ist es gut und heilsam, sich gelegentlich bei den großen Betern aus dem Kreis der ersten Mönche Rat zu holen. Sie wissen, dass das Gebet eine harte Mühe ist, die Energie und Zähigkeit erfordert. Denn der Weg nach innen ist ein langer und sehr mühevoller Weg, auf dem es Augenblicke des Lichts geben kann, auf dem aber nur Gott selbst wachsendes Licht schenken kann.
Das Gebetsleben, das im Grunde mit der Einwohnung des Hl. Geistes in unseren Herzen zu tun hat, ist im letzten ein Mysterium des hervorbrechenden Lichts. Auch in dem Sinn, dass uns ein Licht über uns selbst aufgeht, weil wir unser Tun und Lassen immer wieder im Licht Gottes sehen und dabei zu bestürzenden Erkenntnissen über uns selbst gelangen können. Ein Altvater sagt: „Das Gebet ist für den Menschen ein Spiegel.“ Das Licht Gottes aber kann – die Mystiker sprechen oft davon – die Gestalt des Dunkels annehmen. So ist auch die Dunkelheit Offenbarung Gottes.
„Beten verändert“, es verändert uns selbst und unsere Sicht der Welt. Die großen Beter haben erfahren, dass wahrhaftiges Beten unseren Blick für Menschen, Dinge und Ereignisse schärft: wir sehen die Dinge und Ereignisse mehr im Licht Gottes. Nicht, dass das Licht vorher nicht da gewesen wäre, aber unser Auge wird empfindsamer und empfänglicher für das, was das Licht uns offenbart. Isaak der Syrer sagt: „Wer betet, erschaut die Flamme in allen Dingen.“ Das heißt, er dringt durch bis zum göttlichen Kern in allem: Gottes Gegenwart offenbart sich. Gebet ist Erfahrung der Nähe Gottes – oder Sehnsucht nach dieser Nähe. Ein Leben des Gebets macht sie mehr und mehr bewusst und erlebbar. Und plötzlich sieht man auch die Umwelt in neuem Licht.
Gebet ist, wie unvollkommen auch immer, eine winzige Vorwegnahme des Himmels. Die Altväter wissen, dass ein wachsendes Gespür für die Nähe Gottes eine Gabe des Hl. Geistes ist. Mit seinem Licht reinigt Er unser inneres Augen, so dass er in allem Sein Licht sehen kann.
Beter sind Menschen, die eine Begegnung suchen; wenn sie Christen sind, suchen sie die Anwesenheit Christi in ihrem Dasein. Der hl. Benedikt sieht die Gottsuche als das wichtigste Kriterium für eine Berufung zum monastischen Leben an. Und auch für uns bleibt die Frage, ob wir wahrhaft Gott suchen, ein Leben lang gültig und entscheidend, diese Suche kann so etwas wie ein Lebensklima werden.
In einem Vortrag: „Die Askese der Gottsuche“ formulierte es Edward Schillebeeckx es so:
„Immer auf der Suche bleiben nach dem verborgenen Gott und obwohl wir ihn nirgends auf frischer Tat ertappen können, niemals aufgeben, ihn zu suchen. Wir müssen uns weigern, diese Verborgenheit, diese Nicht- Einholbarkeit Gottes als einen Anruf zu erklären, um allein den sichtbaren Menschen zu suchen.“
Das Ideal, dass das ganze Leben wie Sauerteig durchdringt und getragen wird vom Gebet, nannten die alten Mönche das „immerwährende Gebet“.
1 Thess 5, 17 „Betet alle Zeit.“ Die Leser waren nüchtern genug, sich zu sagen, dass dies nicht bedeuten konnte, unausgesetzt Gebete zu sprechen. Sie wussten aus der Erfahrung selbst ihres Alltags, dass man seine Aufmerksamkeit auch auf anderes richten musste, dass es Beschäftigungen gab, die ein Beten unmöglich machten.
Um den Aufruf der Schrift treu nachzukommen, suchten sie die Lösung in der inneren Haltung des Herzens, die so beschaffen sein muss, dass sie sich so oft wie möglich zu ausdrücklichem Gebet kristallisiert.
„Wenn du mit jemandem sprichst und keine Möglichkeit zum Beten hast, bete dann, indem du dem Gefühl des Mangels in dir Raum gibst“, sagt ein Altvater. Und Augustinus sagt eigentlich dasselbe: „Wo du nicht ausdrücklich beten kannst, bete im Herzen durch deine Sehnsucht.
Die „memoria Dei“ der Alten, dieses mit dem Herzen bei Gott sein, ist so eine Spiritualität der Sehnsucht und des Verlangens nach einer Begegnung mit Gott, die das Herz erfüllt.
Die „memoria Dei“ ist weniger eine Aufmerksamkeit des Intellekts, als Bereitschaft und Anwesenheit des Herzens, dieser innersten Mitte unseres Wesens. Der Weg zum Gebet steht allen offen. Es ist ein langer Weg, ein Weg der Einübung, der Läuterung, der vom Hl. Geist gelenkten Askese; er führt zur Reinheit des Herzens, die identisch ist mit der zum Vollmaß gewachsenen Liebe. Das Gebet aber soll das ganze Leben durchsetzen und somit zum Atem des Lebens werden.
Je mehr man auf dem Weg des Gebets vorausschreitet, je mehr wird man sich bewusst, dass das Gebet Gnade ist, lautere Gabe Gottes. Nur der Hl. Geist vermag alles bis zum tiefsten Grund durchsichtig machen. So ist das Schriftwort auch zu verstehen, dass der Geist in unserem Herzen betet. Weil das Gebet Geistesgabe ist, Begnadigung, ist es etwas, das einem eher widerfährt, als dass man es tut.
Einer der wichtigsten Texte zur biblischen Lehre über das Gebet finden wir im Römerbrief 8, 22 – 27 (Übersetzung von Fridolin Stier):
„21 Deshalb wir auch sie – die Schöpfung – freigelassen aus der Knechtschaft des Verderbens, um zur Freiheit der Kinder – Gottes – Herrlichkeit zu gelangen. 22 Wir wissen ja, dass die ganze Schöpfung allzumal stöhnt und allzumal in Wehen leidet bis zum Jetzt. 23 Aber nicht nur sie! Nein, auch wir, welche die Erstlingsfrucht des Geistes innehaben – auch wir selber stöhnen zuinnerst, auf die Sohnschaft wartend: den Loskauf unseres Leibes. 24 Denn nur auf Hoffnung hin wurden wir gerettet. Eine Hoffnung aber, die man erblickt, ist keine Hoffnung. Denn: Was einer erblickt – was hofft er noch? 25 Wenn wir aber erhoffen, was wir nicht erblicken, so warten wir im Ausharren.
26 Dementsprechend aber nimmt sich auch der Geist unserer Schwachheit an. Denn: Wie wir bitten sollen um das, was uns Not tut, das wissen wir nicht, der Geist selbst jedoch springt dafür ein – in wortlosem Seufzen. 27 Der Erforscher der Herzen aber weiß, was das Sinnen des Geistes ist, weil er Gott gemäß für die Heiligen einspringt.
Paulus erkennt den Zusammenhang zwischen dem Seufzen des menschlichen Herzens und dem Seufzen der ganzen Schöpfung nach erlösender Vollendung und dem Gebet aus dem Geist. Er, der uns durch die Taufe ins Herz gegeben ist, seufzt in uns nach dem Augenblick , in dem Er uns vollkommen erfüllt. Jedes geistgewirkte Gebet ist ein Gebet um Vollendung, eine Bitte um das Kommen des Reiches, also eine Bitte um das volle Leben des Geistes.
Das Seufzen der Schöpfung durchzieht auch das Gebetssingen des Menschen, und in diesem Seufzen und Sehnen spricht und ruft der Geist. Er leiht allem, das sich in uns nach Vollendung sehnt, seine Stimme.
Jedes aufrichtige Verlangen des Menschen , jede Sehnsucht trägt die Möglichkeit in sich, Gebet zu werden; denn in ihr kann der Geist wirken. Er muß uns helfen, zum tiefsten Kern unserer menschlichen Sehnsucht vorzustoßen, zum Hungern nach Gott. Dieses Hungern nach Gott muß uns bewusst werden, dann wird jeder Hunger in uns zum Gebet, jede Unruhe zu einer Hinwendung zu Gott, zum Auf unseres Abgrunds nach Gottes Abgrund, der allein die Erfüllung bringen kann.
Wir sind nun dann wirklich Menschen des Gebetes , wenn der Geist Gottes unsere ganzes menschliches Verlangen und Begehren zum Gebet macht zu einem Ruf nach dem Absoluten. Das Verlangen wird dann zur Stimme des Geistes.
Der Weg des Gebetes, der ein langer, mühseliger Weg sein kann, ist die wachsende Sensibilität für das Mysterium der Nähe Gottes. Denn es ist die wirkliche Begegnung mit Gott, auf die ein jeder hofft, der den Weg des Gebetes einschlägt.
Wann das sein wir? Es ist Gottes Stunde, es ist Gottes Gabe: seine Gnade, heilende Nähe, ein Nähe, die Er uns erfahrbar macht.
Noch einmal Abraham Heschel:
„Im Gebete öffnen wir uns dem Geistgebet als ein Weg der Erkenntnis, nicht als eine Weise, zu sprechen. Gebet rettet uns vielleicht nicht, macht uns aber wert, gerettete zu werden. Bei allem geheiligten Tun steht das Gebete an erster Stelle“
und Augustinus:
Denn das immerwährende Gebet ist das nie nachlassende Verlangen. Das Verlangen betet immer, auch wenn die Zunge schweig t… Wann schläft unser Gebet? Nur, wenn unsere Sehnsucht sich abkühlt.“
Die Benediktsregel bringt keine systematische Abhandlung über das Gebet. Sie gibt einige Anweisungen, sehr schlicht und sehr nüchtern, und weist auf die inneren Haltungen hin, die Verfassung des Herzens.
Der Traktat über die Ordnung des gemeinsamen Gebetes, der die Kapitel 8 – 18 umfasst, findet eine sehr zurückhaltende spirituelle Deutung in dem nur sieben kurze Verse umfassenden 19. Kapitel der Regel.
Wir glauben, dass Gott überall zugegen ist und die Augen des Herrn an jedem Ort auf die Guten und Bösen schauen…“ Der erste Satz von Kap. 19 stellt unmittelbar die Verbindung zur 1. Stufe der Demut her, die die Grundlage des monastischen Lebens ist. Es ist die Grundlage des Glaubens.
a) Das liturgische Leben, so kann man erstens daraus schließen, kann vom übrigen Leben nicht getrennt werden. In ihm lebt eine Kommunität, die das Verlangen hat, sich dem Wirken Gottes zu öffnen. Die Kommunität selbst ist „Opus Dei“, Werk Gottes, das sich an diesem bestimmten Ort verwirklicht.
In der Liturgie manifestiert sich unsere Gemeinschaft und drückt sich im gemeinsamen Glaubensbekenntnis aus. Gemeinsam erkennen wir in Dankbarkeit die Liebe Gottes, die immer zuerst da ist, die Gegenstand des tiefsten, unbegrenzten Verlangens für jeden Einzelnen und für alle in der Nachfolge Christi ist.
Die Liturgie ist Opus Dei, weil sie das offenbart, was im Herzen eines jeden und aller lebendig ist.
b) Die Liturgie, so kann man weiter schließen, ist Ausdruck des Lebens der Kommunität – und zwar mit ihren Höhen und Tiefen, ihren Momenten des Elans und der Müdigkeit. Nach einem Tag harter Arbeit ist vielleicht im Chorgebet Unlust, Ermüdung oder Gereiztheit zu spüren. Das ist unsere Wahrheit, die manchmal schwer zu ertragen ist – aber sie ist ein Teil unseres Weges, den das 7. Kapitel der Benediktsregel beschreibt. Das zu wissen, ist heilsam. Wir kommen dann nicht in Versuchung, die Schuld auf den Kantor, den Organisten oder sonst andere zu schieben.
c) Die Liturgie ist im ganzen Leben verankert und wird durch das ganze Leben vorbereitet.
Es ist wichtig, dass wir uns in unserem Tageslauf um eine gewisse Ausgewogenheit bemühen, dass neben dem Raum, der der Liturgie gewährt wird, auch Raum für die anderen, das Glaubensleben nährenden Werte gegeben ist: lectio divina, persönliches Gebet, Meditation, Zeiten des Schweigens, das Bemühen, sich nicht zu verzetteln.
Diese Ausgewogenheit ist vielleicht wichtiger als alle liturgischen Neuerungen oder Änderungen, die für sich allein oft nicht viel bewirken.
Die Teilnahme an der Liturgie erfordert eine bestimmte innere Haltung, sagt uns das 19. Kapitel der Benediktsregel. Das Bemühen um Aufmerksamkeit, das ein bewusster Glaubensakt ist.
Wenn die Liturgie Ausdruck des Glaubens der Kommunität ist, so ist die Liturgie ihrerseits der Ort, an dem die Kommunität genährt und geformt wird.
Teilnahme am Stundengebet ist Teilhabe am Wirken des Hl. Geistes, der sich in der Kommunität vernehmen lässt. Das ist nicht einfach ersetzbar durch „privates“ Beten, auch wenn das manchmal unumgänglich ist. Aber der Ort des Hl. Geistes ist die betende und feiernde Gemeinschaft.
Was für jedes Werk gilt, gilt auch für die Liturgie: sie erfordert eine Vorbereitung – und zwar eine „entferntere“ durch das Studium der Hl. Schrift, der Psalmen, durch die lectio divina – und sie verlangt auch eine unmittelbare und persönliche: das Vorbereiten der Bücher, Schweigen, Sammlung.
Kap 19 schließt mit dem bekannten Satz: „Stehen wir so beim Psalmensingen, dass unser Geist in Einklang ist mit unserer Stimme.“
Das heißt nicht, dass wir nicht während des Chorgebets von Tausend Gedanken, Plänen und Sorgen geplagt sein können, aber unser Herz muss sich engagieren. Wir müssen uns einlassen auf das Mysterium, das jenseits der Worte auf uns wartet. Davon soll unsere Leben im innersten geprägt sein.
Es ist nicht leicht, mehrmals am Tag die Arbeit einfach aus der Hand zu legen. Manchmal wird es auch nicht gehen. Die Regel sieht vor, dass am Ende jeder Hore der Abwesenden gedacht wird, dass sie dadurch mit hineingenommen werden.
Aber es ist unbestritten, dass das Stundengebet für den hl. Benedikt der Ort und der Raum schlechthin ist, in dem die Gemeinschaft sich als Einheit erfährt.
Gemeinsames Gebet und persönliches Gebet bedingen und ergänzen einander. In der Regel folgen die Kapitel 19 und 20 unmittelbar aufeinander
So kurz Kapitel 20 auch ist, es ist doch Träger einer ganzen spirituellen Tradition. Es verweist in seinem ersten Satz ebenfalls auf die 1. Stufe der Demut. Es sieht den Ort des Gebetes nicht auf der Ebene des Denkens, sondern auf einer inneren Haltung. Beten heißt: vor Gott sein in der Aufrichtigkeit des Herzens. Beim Beten wird das Herz rein. Rein ist nicht gleich fehlerfrei: das reine Herz wird fähig, die Liebe in ihrer Fülle aufzunehmen.
Das Gebet, wie es im 20. Kapitel der Benediktsregel beschrieben ist, ist das Gebet des „Armen“. Es ist Bittgebet, flehentliches Gebet, das seine eigene Armut kennt und sich an den wendet, der Ursprung und Quelle von allem ist. Nicht in vielen Worten ergießt sich das Gebet, sondern im Warten und im Vertrauen.
Das persönliche Gebet muss also wahr sein. Es darf daher auch kurz sein. Aber es muss in Treue vollzogen werden und immer wieder neue Hinwendung zu Gott sein.
Die Treue zum Gebet in aller Einfachheit und Schlichtheit ist Schlüssel zur Treue im monastischen Leben.
Sr. Simone Weinkopf OSB