Ein lebendiger Eckstein sein
Ihr habt erfahren, wie gütig der Herr ist.
Kommt zu ihm, dem lebendigen Stein, der von den Menschen verworfen, aber von Gott auserwählt und geehrt worden ist. Lasst euch als lebendige Steine zu einem geisterfüllten Haus aufbauen, zu einer heiligen Priesterschaft, um durch Jesus Christus geistige Opfer darzubringen, die Gott gefallen.
Denn es heißt in der Schrift: Seht her, ich lege in Zion einen auserwählten Stein, einen Eckstein, den ich in Ehren halte; wer an ihn glaubt, der geht nicht zugrunde. Euch, die ihr glaubt, gilt diese Ehre. Für jene aber, die nicht glauben, ist dieser Stein, den die Bauleute verworfen haben, zum Eckstein geworden, zum Stein, an dem man sich anstößt, und zum Felsen, an dem man zu Fall kommt. Sie stoßen sich an ihm, weil sie dem Wort nicht gehorchen; doch dazu sind sie bestimmt.
Ihr aber seid ein auserwähltes Geschlecht, eine königliche Priesterschaft, ein heiliger Stamm, ein Volk, das sein besonderes Eigentum wurde, damit ihr die großen Taten dessen verkündet, der euch aus der Finsternis in sein wunderbares Licht gerufen hat. (1 Petr 2,3-9)
Wissen Sie, was ein Eckstein ist? Wenn man durch alte Städte geht, sieht man sie an Häusern. Manche sind einfach in die Ecke eines Hauses eingemauert. Andere ragen unten an der Ecke eines Hauses in den Gehsteig hinein, und wenn man nicht aufpasst, stolpert man über sie. Sie stabilisieren aber das ganze Haus, so dass es nicht so leicht einstürzt. Jesus war und ist so ein Eckstein. Diesen Eckstein Jesus hat Gott von den Toten auferweckt und damit gütig an uns gehandelt.
Ihr habt erfahren, wie gütig der Herr ist. Konnten Sie das erfahren? Haben Sie in Ihrem Alltag kleine Auferstehungen erlebt? Haben wir erfahren, dass Er, dieser Eckstein bei uns ist, auch wenn wir ihn nicht sehen?
Zu ihm geht hin – so geht die Lesung weiter. Dieses Gehen zu ihm auf unserem je eigenen Glaubensweg, ein Leben lang, immer wieder mit neuem Anlauf, darauf kommt es an. Die geheime Triebfeder der Menschen zu diesem Gehen und unterwegs sein ist das Ergriffensein von Jesus Christus. Gehen zu ihm im Gebet, im stillen Verweilen, im Suchen seines Antlitzes in jeder Situation und Begegnung den Tag hindurch.
Zu ihm, dem lebendigen Stein. Hier werden Gegensätze verbunden. Einmal ist vom Gehen die Rede gewesen, von Dynamik, nun kommt das Bild des Steins. Jesus Christus ist lebendiges, pulsierendes Leben, Liebe, voll des lebendig machenden Geistes. Gleichzeitig das Bild des harten Felsens, der Fels in der Brandung meines Lebens, die starke Treue und ewige Wahrheit. Dieser Stein lebt nicht nur, er kann auch andere beleben. Er kann uns Christen zu ähnlichen lebendigen Steinen machen, wenn wir ihm vertrauen, wenn wir in unserem Leben auf ihn bauen. Zu lebendigen Steinen, die sich, jede und jeden in seiner Originalität, einfügen lassen in sein Haus. In diesem Haus wohnt Gottes Geist, es ist ein Haus voller Geist und Leben! Wo Leben ist, wo Beziehungen gelebt werden, gehört es dazu, dass man auch anstößt. Wo Glaube gesucht und lebendig gelebt wird, wird es unterschiedliche Meinungen geben. Wer wirklich lebendig ist, eckt auch an, wird wie Jesus auch manchmal zum Stein des Anstoßes. Es kann aber auch selbstverschuldete Trümmer und Einstürze geben. Der lebendige Eckstein hilft uns, auch unsere eigenen Trümmer neu zu ordnen. Er gibt neue Stabilität. Dann aber entsteht ein Haus aus lebendigen Steinen. Ein Haus, das Gott gefällt und in dem Menschen gerne wohnen. Ein Haus, das eine Keimzelle sein kann für Berufungen jeder Art. Ein Haus, in dem alle auf ihre Weise die großen Taten dessen verkünden, der alle Menschen aus der Finsternis in sein wunderbares Licht gerufen hat.
Von Sr. Francesca Redelberger OSB