Ablauf der Äbtissinnenweihe

Am 03. Oktober empfing unsere Mutter Dorothea Flandera OSB aus der Hand von Bischof Georg die Äbtissinnenweihe. Für Bischof Georg war dies die erste offizielle Amtshandlung. Mutter Dorothea wurde am 10. Dezember 1952 geboren und wuchs in Kirchhain auf. Sie studierte Mathematik in Marburg und trat nach dem Diplom 1979 in unsere Abtei ein. Ihr Wahlspruch ist das Petruswort aus Joh 21,7: „Es ist der Herr“ (Dominus ipse est).

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Der Begriff „Abt“, „Äbtissin“ geht zurück auf den biblischen Gebrauch des aramäischen Wortes „ab,abba“ = Vater, mein Vater, mit dem Jesus Gott voll Vertrauen und in inniger Vertrautheit ansprach. Seit den Anfängen des christlichen Mönchtums (Ende des 3. Jahrhundert) wurde dieser Titel denjenigen zuerkannt, die als charismatische Geistträger Vater bzw. Mutter für ihre Jünger und Jüngerinnen waren und die geistliche Leitung einer Gemeinschaft innehatten. In der Benediktsregel (um 530 verfasst) wird dem Abt bzw. der Äbtissin nicht nur die geistliche Führung zugedacht, sondern auch eine umfassende rechtliche und materielle Leitung des Klosters. Für den heiligen Benedikt vertreten Abt und Äbtissin die Stelle Christi im Kloster. Sie sind Vater, Mutter, Lehrer, Hirte und Arzt und müssen sich mehr um das Heil der ihnen anvertrauten Seelen als um den materiellen Zustand des Klosters mühen. Abt und Äbtissin werden von ihrer Gemeinschaft gewählt (mit Zweidrittelmehrheit). Während der heilige Benedikt noch voraussetzte, dass sie auf Lebenszeit gewählt wurden, sind Abt und Äbtissin heute gehalten, mit 70 Jahren ihr Amt in die Hand eines/r Jüngeren zu legen.

Der Abt und die Äbtissin empfangen die Abts,- bzw. Äbtissinnenweihe, die keine Weihe im sakramentalen Sinne ist, sondern eine feierliche Benediktion, ein feierlicher Segen. Die Weihe wird in der Regel vom Ortsbischof des jeweiligen Klosters – oder in Ausnahmefällen – von einem anderen Bischof vorgenommen. Sie weist eine Vielzahl von Parallelen zur Bischofsweihe auf und ist eingebettet in die Eucharistiefeier, genauer gesagt zwischen Predigt und Opferung.

Zu Beginn der Weihehandlung in St. Hildegard wurde die künftige Äbtissin von Bischof Georg ausführlich befragt:

Bischof:                      Bevor ich Ihnen die Weihe erteile, frage ich Sie, liebe M. Dorothea:

Sind Sie bereit, Ihren Gelübden treu zu bleiben, die Regel des hl. Benedikt zu beobachten und dazu auch Ihre Schwestern anzuleiten und sie so zur Gottesliebe, zu einem Leben nach dem Evangelium und zur schwesterlichen Liebe anzuspornen?

Äbtissin:         Ich bin bereit.

Bischof:          Sind Sie breit, durch Ihr monastisches Leben, mehr durch Tun als durch Worte, Ihren Schwestern den Weg des Heils zu weisen?

Äbtissin:         Ich bin bereit.

Bischof:          Sind Sie bereit, die Ihnen anvertrauten Schwestern zu Gott zu führen, und die Sorge für deren Heil als Ihre erste Pflicht anzusehen?

Äbtissin:         Ich bin bereit.

Bischof:          Sind Sie bereit, Ihre Schwestern anzuleiten, der monastischen Tradition treu zu bleiben und dem Wachstum des Volkes Gottes zu dienen durch ihr kontemplatives Leben, das seine Frucht in der Verborgenheit bringt?

Äbtissin:         Ich bin bereit.

Bischof:          Sind Sie bereit, den Besitz des Klosters treu zu verwalten zum Wohl der Schwestern, aber auch der Armen und der Gäste?

Äbtissin:         Ich bin bereit.

Bischof:          Sind Sie bereit, der heiligen Kirche allezeit zu dienen, und dem Papst sowie seinen Nachfolgern Treue, Gehorsam und Ehrfurcht zu erweisen?

Äbtissin:         Ich bin bereit.

Bischof:                      Sind Sie bereit, Ihrem kirchlichen Oberen, gemäß dem kanonischen Recht und den Ordensstatuten, in der Leitung Ihres Klosters Gehorsam zu erweisen?

Äbtissin:         Ich bin bereit.

Bischof:                      Dazu helfe Ihnen der Herr mit seiner Gnade; er beschütze und behüte Sie immer und überall.

Alle:                Amen.

Nach der Befragung folgten die Allerheiligenlitanei, während der die Äbtissin – wie bei der Diakonen,- Priester- und Bischofsweihe – ausgestreckt auf dem Boden lag. Nach den Fürbitten folgte das große Segensgebet, dessen Grundgedanken weitgehend der Benediktsregel entnommen sind.

Segensgebet

„Wir preisen dich, Gott, allmächtiger Vater: Denn du hast deinen Sohn in die Welt gesandt, damit er den Menschen diene und als guter Hirte sein Leben hingebe für seine Herde.

Wir bitten dich: Segne + und stärke deine Dienerin Dorothea, die zur Äbtissin dieses Klosters erwählt ist. In deiner Kraft sei sie allen ein Vorbild im klösterlichen Leben; in deiner Gnade sei sie würdig des Namens „Äbtissin“, den sie von nun an tragen wird. Das Wort ihrer Weisung wirke als Sauerteig in den Herzen ihrer Schwestern, damit sie deinem Willen in allem folgen. Allezeit lass sie bedenken, welch schweres und mühevolles Amt sie übernommen hat: Menschen auf dem Weg des Heiles zu führen und der Eigenart vieler zu dienen; sie wisse, dass sie mehr vorsehen als vorstehen soll. Gib ihr ein wachsames Herz, damit sie keine von denen verliere, die du ihr anvertraust. Unter der Führung deines Geistes trage sie Sorge für alles. Sie halte Maß und treffe ihre Weisungen, so dass ihre Schwestern wachsen in der Liebe zu Christus und zueinander und den Weg deiner Gebote mit weitem Herzen laufen. Erfülle deine Dienerin, Herr, mit den Gaben deines Geistes, damit sie sich zusammen mit ihren Schwestern dem Lob deiner Herrlichkeit hingebe und dem Dienst an deiner Kirche. Sie soll Christus nichts vorziehen und ihre Schwestern lehren, ihn über alles zu lieben. So werden sie auch, wenn er dann am Jüngsten Tag kommt, gemeinsam Anteil erhalten an deinem Reich.“

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Nach dem Segensgebet übergab Bischof Georg Mutter Dorothea, die Benediktsregel mit den Worten: „Leiten und bewahren Sie die Gemeinschaft nach dieser Regel.“ Danach steckte er ihr den Äbtissinnenring an, der die Treue zu Gott und zu ihrer Gemeinschaft symbolisiert. Mutter Dorothea wird den Äbtissinnenring und auch das Brustkreuz unserer am 2. Juli verstorbenen Mutter Clementia Killewald tragen. Schließlich erfolgte die Übergabe des (Hirten)-Stabes als Zeichen ihres Amtes. In der Tradition unserer Abtei wird der Äbtissinnenstab über die Generationen hinweg jeweils an die neue Äbtissin weitergegeben. Der kostbare Stab, den Mutter Dorothea nun in Empfang genommen hat, ist im Beuroner Kunststil gefertigt und war einst ein Geschenk zur Weihe der Gründeräbtissin der wiederbegründeten Abtei St. Hildegard, Regintrudis Sauter, am 8. September 1908.