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A

Abt / Äbtissin (lat. Abbas „Vater“) Von der Gemeinschaft eines selbständigen Klosters frei gewählt (auf Lebenszeit oder für ca. 12 Jahre) geistlicher Vater /geistliche Mutter. Abt und Äbtissin erhalten eine kirchliche Weihe.
Abtei Haus und Lebensbereich einer selbständigen Gemeinschaft von Mönchen oder Nonnen.
Askese (griechisch Askese „Übung“) Die Einübung in ein Leben, das ausgerichtet ist auf Gott und von diesem Ziel her den bewussten und gewollten Verzicht auf bestimmte Lebensvollzüge einschließt.

B

Benediktsregel Die Benediktsregel (Regula Benedicti) wurde um 529 vom heiligen Benedikt von Nursia als Lebensregel für Mönche und Nonnen verfasst. Ursprünglich galt die Regel für das von ihm gegründete Gemeinschaftskloster Monte Cassino in Mittelitalien. Seit dem Mittelalter ist die Benediktsregel die einheitliche Lebensgrundlage für alle Klöster des Ordens der Benediktiner (Ordo Sancti Benedicti, OSB).

Die Benediktsregel besteht aus einem Prolog und 73 Kapiteln:

  • Der Prolog und die Kapitel 1 bis 3 umfassen Grundlegendes zum Mönchsleben.
  • Die Kapitel 4 bis 7 befassen sich mit den monastischen Tugenden, vor allem Gehorsam, Schweigen und Demut.
  • Die Kapitel 8 bis 20 treffen Anordnungen für das opus Dei, den Gottesdienst, der im benediktinischen Leben einen großen Stellenwert einnimmt.
  • Die Kapitel 21 bis 30 klären Strafen für Verstöße gegen die Regel.
  • Die Kapitel 31 bis 57 geben Anweisung über die Verwaltung des Klosters, die Dienste der Mönche, die Versorgung der Mönche, die Aufnahme von Gästen und den Umgang mit den Handwerkern und Künstlern des Klosters.
  • Die Kapitel 58 bis 66 regeln die Aufnahme von Novizen, die Rangordnung in der Gemeinschaft, die Einsetzung von Prior und Abt und die Aufgaben des Pförtners. Gemäß Kapitel 58 umfasst das Ordensgelübde die Versprechen von Beständigkeit (Stabilitas loci, das heißt Bindung an ein bestimmtes Kloster, bzw. eine bestimmte Gemeinschaft), klösterlichem Lebenswandel und Gehorsam.
  • Die Kapitel 67 bis 72 gelten als Nachträge. Sie geben Weisungen für den Umgang der Brüder untereinander.
  • Kapitel 73 ist ein Epilog
Brevier (lat.: breviarium, von brevis „kurz“) Buch, in dem alle Psalmen und Gebete des Chorgebetes für die einzelnen Gebetszeiten enthalten sind.

 

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C

Cellerar / Cellerarin Ein Cellerar/eine Cellerarin ist der bzw. die Verantwortliche für die wirtschaftlichen Belange und die Verwaltung des Klosters. Die Aufgaben sind im Kapitel 31 der Benediktsregel beschrieben.
Chor / Chorgestühl Raum innerhalb einer Kirche, in dem das Chorgebet verrichtet wird.
Choral Einstimmige Gesänge für die römisch-lateinische Liturgie mit eigenen Tonarten (auch Kirchentonarten genannt). Als musikalische Ausformung des biblischen Textes ist der Choral Bestandteil der liturgischen Handlung. Die ältesten Choral-Handschriften stammen aus dem 8./9. Jhdt.
Chorgebet Das im Chor der Klosterkirche mehrmals täglich zu festen Zeiten gesungene oder rezitierte Chorgebet strukturiert den Tag einer Klostergemeinschaft, die damit ihren kirchlichen Auftrag zum Stundengebet erfüllt.

E

Einkleidung Einkleidung ist der feierliche Akt der Übergabe des Ordensgewandes an ein neues Ordensmitglied zur Aufnahme in das Noviziat. Das neue Ordensmitglied erhält mit der Einkleidung in der Regel auch einen neuen Ordensnamen.
Eucharistie /Heilige Messe Das Wort Eucharistie bedeutet Danksagung. Die Eucharistie – auch Abendmahl – ist eines der sieben Sakramente. Die Liturgie der Eucharistie ist die Vergegenwärtigung des letzten Mahles Jesu mit seinen Jüngern. In allen Kirchen sind Brot (in der Regel Hostien) und Wein die verwendeten Elemente, die gespendet und empfangen werden (Brot = Leib Christi, Wein = Blut Christi).
Exerzitien Exerzitien sind geistliche Übungen, die auf den heiligen Ignatius von Loyola zurückgehen; sie beinhalten Zeiten der inneren Einkehr, der Betrachtung der Heiligen Schrift, des Schweigens und des Gebets.

 

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H

Habit Habit ist die Ordenstracht einer Ordensgemeinschaft. Das Wort ist abgeleitet vom lat. Habitus „Haltung, Gestalt“. Der Habit soll als einheitliches Gewand die Verbundenheit der Ordensmitglieder betonen und ist das äußere Zeichen eines einfachen Lebensstils:

  • Benediktiner: schwarzes Gewand
  • Zisterzienser, Kartäuser: weißes Gewand
  • Franziskaner: braunes Gewand
  • Dominikaner: schwarz-weißes Gewand
Hore (lat. Hora: „Stunde“) Stundengebete der Klostergemeinschaft.

Siehe Stundengebet

Hostie (lat. hostia „Opfer, Opfergabe“) Hostie bezeichnet das zur Eucharistie verwendete Brot.

 

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I

Infirmerie Infirmerie ist die Krankenabteilung in einem Kloster.

K

Kantor / Kantorin (lat. cantare „singen“, Kantor „Sänger“) Als Kantor/Kantorin wird der bzw. die Vorsänger/Vorsängerin oder Chorleiter/Chorleiterin im Gottesdienst bezeichnet.
Kapitel Raum, in dem man sich zu Beratungen (Kapitelsitzungen) und wichtigen klösterlichen Vollzügen (Abtswahl, Einkleidung usw.) versammelt.
Klausur (lat. claudere „schließen“) Geschützter Lebensbereich innerhalb eines Klosters, der den notwendigen Raum der Stille und Sammlung ermöglichen soll und von Außenstehenden nur in Ausnahmefällen betreten werden darf.
Klerus Als Klerus bezeichnet man die Gesamtheit aller katholischen Geistlichen.
Kloster (lat. claustrum „verschlossener Ort“) Ein Kloster ist ein Gebäude, in dem Ordensgemeinschaften leben. Die monastischen Klöster des Benediktiner- und Zisterzienserordens werden Abtei genannt. Die dort lebenden Gemeinschaften werden von einem Abt oder einer Äbtissin geleitet.
Kommunität /Konvent (lat. communitas „Gemeinwesen“) Kommunität bezeichnet ebenso wie der Begriff Konvent die Ordensgemeinschaft als Ganzes. Konvent wird bisweilen auch der Wohnbereich eines Klosters genannt.
Komplet Siehe Stundengebet
Kongregation Zusammenschluss mehrerer selbständiger Klöster und Abteien mit gemeinsamen Konstitutionen.
Konstitutionen (oder Deklarationen) Erläuterungen und Auslegungen zur Benediktsregel und für das gemeinsame Leben in den Klöstern..
Kontemplativ (lat. contemplari: „beschaulich, d.h. ganz auf Gott hin ausgerichtet leben,“) Kontemplation ist in philosophischen und religiösen Texten die Bezeichnung für ein konzentriertes Betrachten eines geistigen ungegenständlichen Objektes.
   
Kreuzgang Rechteckiger (offener oder überdachter), um einen Garten (Kreuzgarten) angelegter Gang, der die Gemeinschaftsräume eines Klosters miteinander verbindet und durch seine Anlage für Prozessionen wie auch für die persönliche Meditation genutzt werden kann.
Kukulle (lat. cucullus „Tüte“, in übertragener Bedeutung „Kapuze“) Vielfaltiger Mantel als Teil des Habits, der zum Chorgebet getragen wird.

 

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L

Laudes Siehe Stundengebet
Lectio divina Geistliche Schriftlesung, Betrachtung und Meditation der Heiligen Schrift.
Liturgie (aus dem lat. „Gottesdienst“) Liturgie bezeichnet die christlichen und jüdischen Rituale zur Verehrung Gottes und zur Vertiefung des Glaubens in der Gemeinde. Liturgie ist die prägende Lebensmitte jeder Klostergemeinschaft, die sich in der Feier der Eucharistie und des gemeinsamen Stundengebetes entfaltet.

M

Magister / Magistra (aus dem lat.“ LehrerIn / NovizenmeisterIn“): Geistlicher Begleiter/Geistliche Begleiterin der jungen Nonnen und Mönche, die sich in ihrer Berufung prüfen und auf die Profess vorbereiten (Postulanten, Novizen, in Frauenklöstern auch die zeitlichen Professen).
Meditation (lat. Meditatio „Betrachtung“)
Mittagshore Siehe Stundengebet
Mönch (lat. Monachus „Mönch“): Männliches Mitglied eines kontemplativen Ordens.
Monastisch Bezeichnung im Christentum für das Klosterleben; d.h., alles, was der Benediktsregel, den Konstitutionen und den jeweiligen Hausbräuchen eines Klosters entspricht. Aus dem verwandten lat. Wort monasterium leiten sich in anderen Sprachen die Bezeichnung für Kloster und für bestimmte Kirchengebäude ab; z.B.: monastery (englisch), monastère (französisch) oder auch auf Deutsch „Münster“

 

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N

Nonne Weibliches Mitglied eines kontemplativen Ordens.
Noviziat Das Noviziat ist die Probe- und Einführungszeit von Novizen / Novizinnen (neue Ordensmitglieder), um die Berufung für das Ordensleben zu prüfen (ein bis zwei Jahre).

O

Oberin Eine Oberin ist Leiterin einer Schwesternschaft und somit die Vorsteherin einer klösterlichen Gemeinschaft. Die Oberin einer selbständigen Abtei wird als Äbtissin bezeichnet.
Ora-et-labora (aus dem lat.„bete und arbeite“) ora-et-labora ist ein Grundsatz, der sich auf den Lebensrhythmus des Ordens der Benediktiner bezieht. Vollständig lautet der Grundsatz ora-et-labora-et-lege, Deus adest sine mora (bete und arbeite und lies, Gott ist da ohne Verzug). Obwohl der Grundsatz das Leben in den benediktinischen Klöstern bestimmt, ist er in dieser Form nicht in der Benediktsregel enthalten.
Orden Ein Orden ist eine Gemeinschaft (auch Ordensgemeinschaft) von Brüdern und Schwestern, Mönchen und Nonnen, die auf Basis einer bestimmten Ordensregel und durch Ablegen des Ordensgelübdes an ein geistliches Leben gebunden sind.

 

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P

Postulant / Postulantin Anwärter bzw. Anwärterin für das Klosterleben. Diese leben unverbindlich bis zur eventuellen Einkleidung und Aufnahme in das Noviziat in der Klostergemeinschaft.
Primas Oberster Repräsentant aller benediktinischen Ordensgemeinschaften auf der ganzen Welt mit Sitz in Rom.
Prior / Priorin Stellvertreter des Abtes bzw. Stellvertreterin der Äbtissin.
Profess (aus dem lat. „Bekenntnis“) Bindung an eine kontemplative Gemeinschaft durch die drei monastischen Gelübde der Beständigkeit (Stabilitas), des klösterlichen Lebenswandels (Conversatio morum) und des Gehorsams (Oboedientia). Nach dem Noviziat legt der Novize /die Novizin zunächst die Gelübde für drei Jahre (sogenannte zeitliche Profess) ab; anschließend bindet er /sie sich auf Lebenszeit an eine Gemeinschaft (feierliche Profess).

 

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R

Refektorium (lat. refectio „Wiederherstellung“, „Erfrischung“) Das Refektorium ist der Speisesaal des Klosters. In den Klöstern, die ein Gästehaus haben, gibt es außerdem ein den Gästen vorbehaltenes „Gästerefektorium“.

S

Sakramente (lat. sacramentum „Zeichen des Heils“) Sichtbare Zeichen einer verborgenen Heilswirklichkeit. In den Sakramenten ist Jesus Christus selbst gegenwärtig und wirkt durch seine Kirche. Es gibt sieben Sakramente:

Taufe, Firmung, Eucharistie nehmen den Menschen in die Gemeinschaft der Gläubigen auf; Ehe und Weihe (Diakon- Priester- und Bischofsweihe) stärken die Empfänger für ihren Ehebund bzw. für ihren Dienst in der Kirche; Beichte und Krankensalbung sind die Sakramente der Heilung.

Sakristei Die Sakristei als Vorraum zur Kirche steht den Priestern zur Vorbereitung des Gottesdienstes zur Verfügung.
Scholastika (lat. scholastica „Die Lernende“) Die heilige Scholastika war die Schwester des heiligen Benedikt und gilt als Vorsteherin des ersten benediktinischen Frauenklosters. Scholastika ist ein, zumeist in Klöstern gebräuchlicher, weiblicher Vorname mit Namenstag am 10. Februar.
Silentium (aus dem lat. „Schweigen“) Festgelegte Zeiten des Stillschweigens, die dem einzelnen den Raum der lebendigen und persönlichen Begegnung mit Gott ermöglichen sollen.
Sr. Sr. ist die Abkürzung des lateinischen soror („Schwester, Ordensfrau“) und wird dem Namen der Nonne vorangestellt. Gesprochene Form: Schwester + Vorname.

Geschriebene Form: Sr. + Vorname.

Statio Teil des Kreuzganges; Ort der Sammlung und des Schweigens, an dem sich die Gemeinschaft zum Einzug in den Chor versammelt.
Stundengebet Das Stundengebet bezieht sich auf das Apostelwort „bete ohne Unterlass“ und auf das Psalmwort „Siebenmal am Tag singe ich Dein Lob und nachts stehe ich auf, um Dich zu preisen“. Das Stundengebet ist am Zyklus des Tageslaufs, dem Wechsel von Schlafen und Wachen, Licht und Dunkelheit sowie Arbeit und Ruhe orientiert.

Der heilige Benedikt teilt das tägliche Stundengebet in Horen (lat. hora „Stunde“) ein:

  • die erste Hore nennt man Vigilien, sie ist das ursprüngliche Nachtgebet der Mönche und findet heute in der Regel am Vorabend statt
  • die Laudes sind das Morgengebet zwischen 5:30 und 8:00
  • die kleinen Horen wurden ursprünglich im Abstand von drei Stunden ( 6:00, 9:00, 12:00 und 15:00) gebetet. Diese sind
    • Prim, die heute in der Regel in Einheit mit den Laudes gebetet wird
    • Terz, die entweder unmittelbar vor der Heiligen Messe oder in diese integriert gebetet wird
    • Sext
    • Non
    • Heute ist es üblich, die beiden kleinen Horen Sext und Non zu einer Mittagshore zusammen zu fassen
  • Die Vesper ist das zentrale Abendgebet der Kirche und wird vor dem Abendessen gebetet (zwischen 17:00 und 18:00)
  • Die Komplet ist die letzte Hore des Tages, die zwischen 19:30 und 21:00 gebetet wird. Danach setzt das nächtliche Schweigen ein, das nur durch die Vigilien unterbrochen wird.

 

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V

Vesper Siehe Stundengebet
Vigilien Siehe Stundengebet

Z

Zelle (lat. Cella „Raum“): Gebets- und Schlafraum der Nonnen bzw. der Mönche. Die Zelle ist bevorzugter Ort mönchischen Alleinseins; der Mönch liebt sie als Stätte, in der er unter den Augen Gottes bei sich selbst zu Hause sein kann.
Zisterzienser Die Zisterzienser sind ein Reformorden, der im 11. Jahrhundert aus den Benediktinern hervorgegangen ist. Die Namensgebung erfolgte aus dem Kloster Cîteaux (lat. cistercium).

 

Lauschende

Sie wartet auf Botschaft, schon lange.

Jemand hat ihr gesagt: Sei wachsam, lausche, halte dich still und die Hand ans Ohr.

Irgendwo wird das Wort ausgesprochen. Irgendwo schlägt die Glocke an.

Irgendwann wird sich der Ton ausfiltern lassen aus dem Geräusch des Windes.

Auf diesen Ton bist du gestimmt, so lausche.

(Gertrud Fussenegger)

Das zweite Kriterium, das der heilige Benedikt nennt, um zu beurteilen, ob einer wirklich Gott sucht, ist der Gehorsam. An nicht weniger als 35 Stellen kommen die Begriffe „gehorchen“ und „Gehorsam“ in unserer Regel vor. Dies weist darauf hin, dass wir es hier mit einem Grundbegriff, besser gesagt mit einer Grundhaltung im benediktinischen Leben zu tun haben. Dem Gehorsam ist in späterer Zeit sogar ein eigenes Gelübde gewidmet worden – dem alten Mönchtum war ein Gehorsamsgelübde noch unbekannt.

In unserer Zeit, die durch eine tiefsitzende Autoritäts- und Gehorsamskrise gekennzeichnet ist, tut es vielleicht gut, einmal in die Kirchenkonstitution des Zweiten Vatikanischen Konzils „Lumen Gentium“ hineinzuschauen. Dort wird der Gehorsam als einer der drei evangelischen Räte in Nr. 43 als „donum divinum“, als göttliche Gabe, bezeichnet. Ist das nicht ein wunderbarer Gedanke? Der Gehorsam als Geschenk Gottes an uns, an die Kirche. Ein Geschenk ist immer Zeichen der Liebe des Schenkenden zum Beschenkten. Ein Geschenk will Freude machen. Wie sehr hebt sich von dieser Betrachtungsweise die landläufige Meinung ab, Gehorsam habe nur mit Verzicht und Einschränkung zu tun, enge uns ein in unserer Freiheit und in unserem Recht auf Selbstbestimmung.

Dem heiligen Benedikt hätte die Definition des Konzils sicher sehr gefallen. Am Ende der Regel in Kap. 71,1 nennt er den Gehorsam ein Gut, ein „bonum“, das Gott uns anvertraut, um uns zu sich zu führen. Um den Wert dieses Gutes zu verstehen, braucht es die Sicht des Glaubens. Es reicht also nicht, den Gehorsam nur anthropologisch, psychologisch und soziologisch zu betrachten. Wir müssen unseren Blick auf die geistlich-theologische Dimension hin weiten. Sonst werden wir den Gehorsam niemals verstehen, geschweige denn leben können.

Zu Beginn des Kapitels über den Gehorsam (RB 5,2) kommt Benedikt gleich zum Kern: “Der Gehorsam ist die Haltung derer, denen die Liebe zu Christus über alles geht.“ Letztlich geht es also um die Freiheit zur Liebe, um die Nachfolge dessen, der selbst gehorsam war bis zum Tod, bis zum Tod am Kreuz, wie es der Philipperhymnus (Phil 2,8) sagt. Nur wenn wir den Gehorsam aus dieser Glaubensperspektive heraus verstehen, können wir ihm gerecht werden.

Wo aber liegen für uns die Wurzeln eines solchen religiös motivierten Gehorsams? Jeder von uns erfährt als unvollständig und ergänzungsbedürftig, ja als erlösungsbedürftig. Wir stehen als geschaffene Wesen immer schon unter einem Ruf. „Im Anfang war das Wort“ (Joh 1,1) – dieses Wort ruft uns zur Ant-wort. Karl Rahner hat den Menschen einmal als „Hörer des Wortes“ definiert. Wir sind also vom Ursprung her auf das Wort und auf das Hören und Gehorchen hin angelegt. Wir können nur dann voll und ganz Mensch werden, wenn wir diesem Anruf folgen – so wie Christus selbst ganz unter dem Anspruch des Willens Gottes stand. Der Gehorsam Jesu war Ausdruck seines tiefsten Wesens selbst, seiner wesenhaften Verankerung im Vater. Und auch wir wollen uns dort verankern, wenn wir beten: „Vater unser im Himmel, geheiligt werde dein Name, dein Reich komme, dein Wille geschehe wie im Himmel so auf Erden.“ In diese Schule will uns der heilige Benedikt führen und begleiten.

Nicht umsonst lauten die ersten Worte seiner Regel: “Höre, mein Sohn, auf die Lehren des Meisters und neige das Ohr deines Herzens“ (Prol 1). Hören ist das Grundwort und der Grundvollzug unseres benediktinischen Lebens. Am Anfang eines jeden Lebens der Nachfolge steht ja eine Berufungsgeschichte, bricht das Bewusstsein in uns durch, dass Gott sein Wort ganz persönlich an mich richtet und auf eine Ant-Wort wartet. Deshalb spielt das Hören und Gehorchen auch im Prolog unserer Regel, der ja eine Berufungsgeschichte in Form eines Dialogs ist, eine so herausragende Rolle. Dieses erste Wort „Obsculta“, „Höre“ greift die biblische Tradition auf, die mit dem Wort „Höre Israel“ (Audi, Israel) die Verkündigung der Tora auf dem Sinai beginnt. Mit dem „Hören“ wird auch die Theophanie auf dem Berg der Verklärung – dem neutestamentlichen Sinai – beschlossen. Dort, auf dem Tabor, sagt die Stimme aus der Wolke: „Auf Ihn sollt ihr hören“ (Ipsum audite). Hier schließt sich der Kreis, und wir beginnen zu ahnen, dass im Hören und Gehorchen das dialogische Geschehen zwischen Gott und Mensch seinen Anfang nimmt und zugleich seine Vollendung findet.

Stets bereit sein zu hören, das ist unsere Lebensaufgabe als Gottsucher. Dieses Hören ist ein Hören mit der ganzen Person, mit Leib und Geist, und fordert die Kräfte der Liebe wie auch des Verstandes. Dazu gehört eine Wachheit der Wahrnehmung, eine Offenheit und Achtsamkeit für die leisen Töne, für die Zwischentöne und für die Grundmelodien, die manchmal hinter den vordergründigen Akkorden liegen. Solches im wahrsten Sinne des Wortes diskretes, nämlich unterscheidendes, Hören will gelernt sein und erfordert lebenslange Einübung – ähnlich wie wir es beim Beten gesehen haben. In gewisser Weise fordert das Hören auch eine demütige Grundhaltung des Herzens. Nicht umsonst bezeichnet der hl. Benedikt den Gehorsam als „höchste Stufe der Demut“ (RB 5,1) Wir müssen lernen, im Hören von uns selbst abzusehen (uns selbst zu verleugnen – abnegare semetipsum), nur dann werden wir offen für das Wort und die Weisung Gottes, die uns auf so unendlich vielfältige Weise begegnen kann: in Seinem Wort selbst, in der Liturgie, in Begegnungen mit Menschen, im Ereignishaften und in den berühmten Zufällen unseres Lebens.

Solches Hören können wir allerdings nur dann, wenn wir auch schweigen gelernt haben, wenn wir den Lärm außen, aber auch den Lärm in unseren eigenen Herzen zur Ruhe bringen. Wir müssen uns deshalb in unserem Alltag immer wieder und immer neu kleine Räume der Stille schaffen und, so wir sie gefunden haben, sie hüten wie einen kostbaren Schatz.

Wichtig erscheint mir auch, dass wir uns mehr und mehr unabhängig machen davon, ob uns das Gehörte gefällt oder nicht, ob wir es hören wollen oder nicht. Fragen wir uns einmal ganz selbstkritisch: höre ich nicht oft nur das, was ich hören will? Kann ich überhaupt zuhören? Oder bin ich nur mit halbem Ohr dabei und warte nur darauf, das, was mich beschäftigt vorbringen oder meine Meinung äußern zu können?

Schon das richtige Hören ist schwer. Noch schwerer aber ist oft das Eigentliche. Denn vor allem gilt ja: wir müssen das Gehörte auch tun. Vom Hören (audire) zum Gehorchen (oboedire) ist es manchmal nur ein ganz kleiner Schritt. Dieser allerdings kostet nicht selten Selbstüberwindung und fordert von uns, unsere Ichbezogenheit hinter uns zu lassen und unseren Eigenwillen zu übersteigen.

Der Ernstfall des Gehorsams liegt dort, wo wir einwilligen in den Willen eines anderen – manchmal eben auch gegen unsere eigene Überzeugung, gegen unsere Pläne, Wünsche und Hoffnungen. Wir können dies nur, wenn wir daran glauben, dass Gott in allem, auch in dem, was uns schwerfällt, gegenwärtig ist (wir werden morgen bei den „Obprobria“ noch darüber sprechen). Es ist bezeichnend, dass der hl. Benedikt gerade diesem Ernstfall des Gehorsams ein eigenes Kapitel widmet (Kap. 68). Wenn einem Bruder Unmögliches aufgetragen wird, so heißt es dort am Schluss: „ … dann gehorche er aus Liebe, im Vertrauen auf die Hilfe Gottes“. Wer eine ähnliche Situation selbst schon einmal erlebt hat, der wird wissen, wie schwer dies sein kann, aber auch welche ungeahnten Kräfte uns zuwachsen können, wenn wir diesen Schritt über uns selbst hinaus einmal getan haben. Hier geschehen bisweilen wirkliche Wunder im Alltag. Wir müssen nur Augen haben, sie zu sehen.

Freilich, und darauf legt Benedikt besonderen Wert, soll der Gehorsam, auch wenn er schwer fällt, frohen und beschwingten Herzens geleistet werden. Halbherzigkeit ist seine Sache nicht. „Die Jünger müssen den Gehorsam mit frohem Herzen leisten, denn Gott liebt einen fröhlichen Geber“ (RB 5,16). Wie oft passiert es uns, dass wir uns in unseren Plänen nur sehr ungern stören lassen, dass wir im Grunde unseres Herzens eigentlich wütend sind und murren, dass unser Gehorsam also nur äußere Fassade ist, hinter der es brodelt und bröckelt. Wir sollten dann ehrlich mit uns und mit den anderen sein und nicht mehr scheinen wollen als wir sind. Der Gehorsam darf schwer fallen, aber er muss um der Liebe willen ohne Murren geleistet werden, „sonst findet er kein Gefallen vor Gott“ (RB 5,18).

Es ist bezeichnend, dass Benedikt nicht nur den „sozialen“ Gehorsam dem Oberen oder den Älteren gegenüber einfordert, sondern seinen Schülern auch den gegenseitigen Gehorsam besonders ans Herz legt. Im 72. Kapitel steht sogar der wuchtige Satz: “Sie sollen sich in gegenseitigem Gehorsam überbieten“. Hier werden alle Autoritätsverhältnisse transzendiert. Und genau an dieser Stelle kommen wir dann auch zum wichtigsten Deutungspunkt des Gehorsams. Der Gehorsam ist Ausdruck unserer Liebe. An vier Stellen verbindet der hl. Benedikt den Gehorsam und die Liebe miteinander: RB 5,2; RB 7,34; RB 68,5 und RB 71,4. Keine Befehle also oder Entgegennehmen von Befehlen, aber eine Kultur des gegenseitigen Wohlwollens und der brüderlich-schwesterlichen Dienstbereitschaft: die Erziehung zu einer offenen, wohlwollenden Hörbereitschaft untereinander. Hier wird Gehorsam zu gegenseitiger Dienstbarkeit in Liebe. Solche Liebe ahmt den liebenden Gehorsam Christi nach, wie er vor allem im Johannesevangelium immer wieder bezeugt wird.

Von der christlichen Ethik her kennt der Gehorsam, wie wir wissen, nur eine Grenze: wenn ein Auftrag unvereinbar ist mit dem persönlichen Gewissen – Gewissen, nicht persönliche Einsicht, die wir ja gerne fürs Gewissen halten. Der Gehorsam, wie der heilige Benedikt ihn versteht, ist kein Kadaver-Gehorsam. Er stellt hohe Anforderungen an unsere Verantwortung. Dabei bleibt er aber immer personal auf Gott hin ausgerichtet: „Ich bin nicht gekommen, meinen Willen zu tun, sondern den Willen dessen, der mich gesandt hat“ (Joh 6,38; RB 7,31). Wer sich auf den Weg der Christusnachfolge macht, der wirft sein ganzes Leben in die Waagschale. Billiger ist es nicht zu haben. Wir dürfen aber fest darauf vertrauen, dass Gott uns einlädt aufgrund unserer Berufung, uns in diesem Gehorsam preiszugeben, um uns zutiefst zu befreien. Denn, so sagen die Väter, der Gehorsam ist befreiend wie nichts sonst. Diese Verheißung gibt uns auch die Benediktsregel, wenn es dort im Prolog 49 heißt: „Wer aber im klösterlichen Leben und im Glauben fortschreitet, dem weitet sich das Herz, und er geht den Weg der Gebote Gottes in unsagbarer Freude der Liebe.“

Am Schluss möchte ich noch ein etwas längeres Zitat eines modernen Kirchenvaters vorlegen. Es stammt von Karl Rahner und ist bereits so etwas wie ein Klassiker geworden. Meines Erachtens fasst es all das zusammen, worüber wir gemeinsam nachgedacht haben.

„Was kann man tun, um am Ende seines Lebens vor Gott bestehen zu können? Nichts kann natürlich bei ihm bestehen, als was er in seiner Gnade als seiner würdig aus reinem Erbarmen geschenkt hat … Man kann sich aber einem Größeren ausliefern; man kann dafür sorgen, dass dieses Größere nicht nur Ideal und Theorie bleibt, die man im Grunde doch immer selbst in der Hand und Gewalt hat und die man nach eigenem Gutdünken formen kann, so dass man sie von den bloßen Götzen unseres Herzens nicht mehr deutlich unterscheiden kann … Und dies geschieht, wo das Größere, dem wir uns ausliefern, eine reale greifbare Macht eigener, von uns aus unberechenbarer Größe wird: wenn das Wort der befehlenden Forderung an uns ergeht – und wenn wir gehorchen. Schweigend gehorchen, in einem wahren Sinn fraglos gehorchen, wenn wir dienen und uns von der Forderung, die wir nicht selbst ausgedacht haben, verbrauchen lassen… Vielleicht glückt es uns dann, Person zu werden, die ist, in dem sie sich vergisst, und opfert, in dem sie gehorsam ist. Vielleicht muss man, um gehorsam zu werden, damit man sich selbst überschreite und verliere –  die einzige Möglichkeit, sich wahrhaft zu gewinnen – sogar am Gehorsam gar nichts Besonderes finden, gar nicht an ihn denken, sondern an die Wirklichkeit, der man dient, der man dient, selbstverständlich dient, weil sie allen Dienst und alle Liebe verdient, weil sie letztlich keine Sache ist, sondern die Person schlechthin: Gott. Vielleicht ist der wahrhaft Gehorsame einfach der Liebende, dem das Opfer der Hingabe süß ist und ein seliges Müssen.“

 

 

Gott, du mein Gott, dich suche ich;
es dürstet nach dir meine Seele.
Nach dir verlangt mein Leib
Gleich einem dürren, lechzenden Land
ohne Wasser.
So schaue ich aus nach dir im heiligen Zelt,
deine Kraft und deine Herrlichkeit
möchte ich schauen.
Denn besser ist deine Huld als das Leben,
meine Lippen singen dir Lob.
Ich will dich rühmen mein Leben lang,
in deinem Namen erhebe ich meine Hände.
(aus Psalm 63)

Wenn der hl. Benedikt als erstes Prüfungs-Kriterium für den neubeginnenden Novizen nennt, „ob er Eifer hat für das Opus Dei“ (Benediktusregel Kap. 58, 7), dann zeigt sich darin, dass er eben dieses Opus Dei als den vornehmsten Ausdruck der Gottsuche und ein jeder Berufung betrachtet. Das gilt keineswegs nur für den Anfänger. Für jeden, auch für die, die das Leben der Nachfolge im Geist des hl. Benedikt schon lange leben, bleibt die Frage, ob er wahrhaft Gott sucht, ein Leben lang gültig und entscheidend. In diesem Sinne bleiben wir Anfänger ein Leben lang. Weiterlesen

Dieses Ich, das Wahrste meines Ichs, das Ich vor mir und das Ich über mir: Unruhe. Als Gott über meinen Erdenstand blies,um in ihn meine Seele einzupflanzen, muss er wohl zu heftig geblasen haben. Ich habe mich nie erholt von diesem Anhauch Gottes. Ich habe nie aufgehört, wie eine Kerze zu zittern,wie eine flackernde Kerze zwischen zwei Welten. Und doch …

(Marie Noël)

Das dritte O des 58. Kapitels der Benediktusregel fragt den Mönch, ob er Eifer hat für die „obprobria“. Der neue Regel-Text übersetzt das Wort mit „Widerwärtigkeiten“, während in alten Übersetzungen von „Verdemütigungen“ die Rede war. Wie immer man dieses in jedem Fall unbequeme Wort übersetzen mag, es geht um die Erfahrung, dass es in einem konsequent gelebten christlichen Leben manchmal hart und rauh zugehen kann. Der hl. Benedikt betont eigens: „Im voraus sage man ihm [dem Neuankommenden), wie rauh und schwierig der Weg ist, der zu Gott führt“(Benediktusregel Kap. 58,8). Diese Erfahrung trifft jeden von uns. Es kann sein, dass uns über lange Strecken unseres Lebensweges Gegen-wind ins Gesicht bläst. Wir geraten in die Feuerprobe, wie es in Psalm 66 heißt: „Gott, du hast uns geprüft und uns im Feuer geläutert, wie man Silber im Feuer läutert“. Solche Zeiten der Krise, in denen wir bisweilen an der Richtigkeit und Sinnhaftigkeit unserer Lebensentscheidungen zweifeln, sind oft nur schwer zu bestehen. Weiterlesen

„Eins nur erbitte ich vom Herrn, danach verlangt mich:
im Hause des Herrn zu wohnen alle Tage meines Lebens,
zu schauen die Freundlichkeit des Herrn
und nachzusinnen in seinem Tempel.“ (Ps 26/27)

Schon früh hat man zwischen der Taufe und der Profess auffallende Übereinstimmungen festgestellt. Die Profess wurde sogar oft als zweite Taufe dargestellt. Der Glaube, so sagte einst Tertullian, vollendet sich in der Taufe, dem „sacramentum fidei“. Durch die Taufe wird der Glaube in Worten und Gebärden gefeiert und erhält so seine Gestalt. Dies gilt in ähnlicher Weise auch für das monastische Leben. Was die Taufe für den Glauben, das ist die Profess für dieses innere Ja-Wort. Auch im Ritus gibt es Übereinstimmungen. Die Taufhandlung ist begleitet von Tauffragen und Antworten. Auch die Profess kennt begleitende Fragen und Antworten, und man könnte vielleicht auch eine Parallele sehen zwischen dem Taufkleid und dem Mönchsgewand, der Kukulle, die bei der Profess überreicht wird. Weiterlesen